Auswertung der Leuchtspuren in Messfotos: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Umrechnung zwischen der Geschwindigkeit <math>V</math> einer Leuchtquelle und der Horizontalgeschwindigkeit <math>v</math> des Leuchtpunktes im Bild <math>v_x</math> läuft völlig analog:
Die Umrechnung zwischen der Geschwindigkeit <math>V</math> einer Leuchtquelle und der Horizontalgeschwindigkeit <math>v_x</math> des Leuchtpunktes im Bild läuft völlig analog:
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\frac {V \sin \varphi'} {R'} = \frac {v_x} f
\frac {V \sin \varphi'} {R'} = \frac {v_x} f
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Der beliebig gewählte Leuchtpunkt hat dabei einen die leicht abweichende Orientierung <math>\varphi</math> zur Kamera und einen etwas anderen Abstand <math>R'</math> zur Kamera als der Abstand <math>R</math> der Kennzeichenmitte. In der Formel erscheint nun der Sinus anstelle des Kosinus, da die Fahrzeuggeschwindigkeit senkrecht auf dem Fahrzeugkennzeichen steht.
Der beliebig gewählte Leuchtpunkt hat dabei einen die leicht abweichende Orientierung <math>\varphi'</math> zur Kamera und einen etwas anderen Abstand <math>R'</math> zur Kamera als der Abstand <math>R</math> der Kennzeichenmitte. In der Formel erscheint nun der Sinus anstelle des Kosinus, da die Fahrzeuggeschwindigkeit senkrecht auf der Fahrzeugfront steht.


In Längsrichtung der Straße haben Leuchtpunkt und Kennzeichenmitte denselben Abstand zur Kamera, sodass gilt:
Wir gehen vereinfachend davon aus, dass die Frontkontur kastenförmig ist, sodass die Frontkontur in der Draufsicht eine gerade Linie bildet, so wie z.B. beim VW Golf II, der in der Illustration auf dieser Seite verwendet wird. Dann haben Leuchtpunkt und Kennzeichenmitte in Längsrichtung der Straße denselben Abstand zur Kamera, sodass gilt:
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R' \cos \varphi' = R \cos \varphi
R' \cos \varphi' = R \cos \varphi

Version vom 28. Juli 2012, 12:06 Uhr

Zitat

Hugemann, W.: Auswertung der Leuchtspuren in Messfotos. Colliseum 2012

Problemstellung

Auf Digitalfotos, die bei Geschwindigkeitsmessungen zur Beweissicherung geschossen werden, sind oft dünne Leuchtspuren zu erkennen, die – meist ausgehend von den Scheinwerfen – schräg nach unten übers Foto laufen. Diese Spuren beruhen auf technischen Besonderheiten des CCD-Sensors in der Kamera und man kann sie dazu nutzen, die Geschwindigkeit des fotografierten Fahrzeugs zu bestimmen. Damit lässt sich das Messergebnis unabhängig von der eigentlichen Messung (mittels Radar, Lidar oder beim Einseitensensor) überprüfen, wenn digitale Kameras mit CCD-Sensor eingesetzt wurden.

Vitronic verbreitet die unten zitierte Schrift, in der die Auswertung detailliert beschrieben wird. Diese Ausarbeitung wurde offenbar nicht unter didaktischen Gesichtspunkten verfasst und ist daher unnötig schwer verständlich. Der vorliegende Artikel bemüht sich daher, den Rechengang nachvollziehbarer zu erläutern und dabei eine schlüssigere Nomenklatur zu verwenden.

Grundgedanke

Aufnahmesituation

Im Winkel, den die Leuchtspuren mit der Vertikalen einschließen, verbirgt sich das Verhältnis von vertikaler Auslesegeschwindigkeit des CCD-Chips und der Horizontalgeschwindigkeit des Leuchtpunkts auf dem Chip. Diese wiederum lässt sich über den Abstand [math]\displaystyle{ R }[/math] des Fahrzeugs zur Kamera und deren Winkel [math]\displaystyle{ \psi }[/math] der Kamera zur Fahrbahn (genauer: zur Bewegungsrichtung des fotografierten Fahrzeugs) in die Geschwindigkeit [math]\displaystyle{ v }[/math] des Fahrzeugs umrechnen.

Der Abstand [math]\displaystyle{ R }[/math] des Fahrzeugs zur Kamera bei Auslösung des Fotos ergibt sich, indem über die Größe (meist: die Breite) [math]\displaystyle{ b }[/math] eines Objekts im Bild und seine tatsächliche Größe [math]\displaystyle{ B }[/math] umrechnet. Dazu wird die Brennweite [math]\displaystyle{ f }[/math] des Objektivs benötigt. Für diese Abstandsbestimmung bietet sich etwa das Kennzeichen an, das in der Regel bei Pkw 50 cm breit ist; man kann jedoch auch ein fahrzeugspezifisches (am besten größeres) Maß verwenden, wie etwa den Abstand der linken und rechten Hauptscheinwerfer. An dieser Stelle ist auch auf Bladt's Veröffentlichung hinzuweisen. Dort wird vorgeschlagen, die etwas geringere Breite (46,6 cm) des weißen Bereichs des mit genormten Größen versehenen EURO-Kennzeichens sowie die Ziffernhöhe (7,5 cm) zur Auswertung heranzuziehen.

Die Herleitung geht davon aus, dass sich die Objekte, welche die Leuchtspuren zeichnen, bei der Annäherung genau waagerecht auf dem Bildhorizont bewegen. Das ist in der Praxis nur näherungsweise der Fall, weil die Frontscheinwerfer unterhalb der Objektivhöhe liegen. Außerdem setzt die Herleitung den Winkel [math]\displaystyle{ \psi }[/math] gegenüber der Fahrbahn als bekannt voraus, was so einfach nur bei stationären Anlagen der Fall ist.

Die Brennweiten [math]\displaystyle{ f_1, f_2 }[/math] der jeweils zwei eingesetzten Kameras kann man dem Messprotokoll entnehmen. Welche Kamera das Bild aufgenommen hat, steht in den protokollierten Informationen. Liegen alle Fotos der Messserie vor, ergibt sich diese Information auch aus dem Bildinhalt selbst, indem man mit den übrigen Fotos vergleicht.

Für die Berechnung der Geschwindigkeit [math]\displaystyle{ V }[/math] des Fahrzeugs werden also drei Bausteine benötigt:

  • Horizontalgeschwindigkeit des Leuchtpunkts auf dem CCD-Chip (anhand des Winkels)
  • Abstand des Fahrzeugs von der Kamera (aus der Bildgröße eines bekannten Objekts)
  • Eventuell: Winkel der Leuchtquelle zur der Objektivachse

Berechnung

In der nachfolgenden Berechnung wird die Nomenklatur des Originalskripts vereinfacht:

  • Größen in der realen Welt (etwa die Breite des Kennzeichens [math]\displaystyle{ B }[/math]) werden mit Großbuchstaben bezeichnet, die Größe deren Bildes mit dem gleichlautenden Kleinbuchstaben (also [math]\displaystyle{ b }[/math] beim Bild des Kennzeichens).
  • Im Originalmanuskript wird bei allen Bildgrößen noch ein Skalierungsfaktor [math]\displaystyle{ s_y }[/math] eingefügt um von der Bildgröße in Pixel auf eine absolute Größe (in mm, wie bei der Brennweite) zu gelangen. Wir verzichten im Folgenden auf diesen Faktor, indem wir davon ausgehen, dass entweder die Bildgröße [math]\displaystyle{ b }[/math] in mm oder aber die Brennweite [math]\displaystyle{ f }[/math] in Pixel angegeben ist.

Fahrzeugabstand und -geschwindigkeit

Der Fahrzeugabstand [math]\displaystyle{ R }[/math] ergibt sich aus der realen Objektgröße [math]\displaystyle{ B }[/math], dessen Bildgröße [math]\displaystyle{ b }[/math] und der Brennweite [math]\displaystyle{ f }[/math]. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Fahrzeugfront von der Kamera unter dem Winkel [math]\displaystyle{ \psi }[/math] gesehen wird, was die scheinbare Breite des Objekts auf [math]\displaystyle{ B \cos \psi }[/math] verkleinert: [math]\displaystyle{ \frac {B \cos \psi} R = \frac b f }[/math]

Die Umrechnung zwischen der Geschwindigkeit [math]\displaystyle{ V }[/math] einer Leuchtquelle und der Horizontalgeschwindigkeit [math]\displaystyle{ v_x }[/math] des Leuchtpunktes im Bild läuft völlig analog: [math]\displaystyle{ \frac {V \sin \varphi'} {R'} = \frac {v_x} f }[/math] Der beliebig gewählte Leuchtpunkt hat dabei einen die leicht abweichende Orientierung [math]\displaystyle{ \varphi' }[/math] zur Kamera und einen etwas anderen Abstand [math]\displaystyle{ R' }[/math] zur Kamera als der Abstand [math]\displaystyle{ R }[/math] der Kennzeichenmitte. In der Formel erscheint nun der Sinus anstelle des Kosinus, da die Fahrzeuggeschwindigkeit senkrecht auf der Fahrzeugfront steht.

Wir gehen vereinfachend davon aus, dass die Frontkontur kastenförmig ist, sodass die Frontkontur in der Draufsicht eine gerade Linie bildet, so wie z.B. beim VW Golf II, der in der Illustration auf dieser Seite verwendet wird. Dann haben Leuchtpunkt und Kennzeichenmitte in Längsrichtung der Straße denselben Abstand zur Kamera, sodass gilt: [math]\displaystyle{ R' \cos \varphi' = R \cos \varphi }[/math]

Horizontalgeschwindigkeit auf dem Chip

Die Leuchtspur schließt den Winkel [math]\displaystyle{ \alpha }[/math] mit der Vertikalen ein, sodass gilt: [math]\displaystyle{ \tan \alpha = \frac {v_x}{v_y} }[/math] Die Vertikalgeschwindigkeit wird typischerweise durch ihren Kehrwert, die Zeilenauslesezeit [math]\displaystyle{ \tau }[/math] beschrieben. Diese beträgt bei der im PSS eingesetzten Kamera 112 µs, was einer Vertikalgeschwindigkeit von 8928,5 px/s entspricht. Es gilt also: [math]\displaystyle{ v_x = \frac {\tan \alpha} {\tau} }[/math]

Berechnung der Fahrzeuggeschwindigkeit

Indem man die bisherigen Beziehungen nacheinander einsetzt, ergibt sich: [math]\displaystyle{ V = \frac {R'} {\sin \varphi'} \frac {v_x} f = \frac {R \cos \varphi} {\cos \varphi' \sin \varphi'} \frac {\tan \alpha} f =\frac {B \cos\psi \cos \varphi} {b \cos \varphi' \sin \varphi'} \tan \alpha }[/math] und mit: [math]\displaystyle{ \sin 2 \varphi' = 2 \cos \varphi' \sin \varphi' }[/math] dann die Gleichung, die (in komplizierterer Schreibweise) auch im Vitronic-Skript steht: [math]\displaystyle{ V = \frac {2 B \cos\psi \cos \varphi} {b \sin 2\varphi'} \tan \alpha }[/math]

Berechnung der fehlenden Winkel

Der Winkel [math]\displaystyle{ \varphi }[/math] lässt sich aus dem Blickwinkel der Kamera [math]\displaystyle{ \psi }[/math] und dem Horizontabstand [math]\displaystyle{ x }[/math] des Bildpunktes von der Bildmitte berechnen: [math]\displaystyle{ \varphi = \psi \pm \arctan \frac x f }[/math] und analog dazu der Winkel [math]\displaystyle{ \varphi' }[/math] sowie jeder andere entsprechende Winkel.

Kameraorientierung

Für die Berechnungen muss der Blickwinkel [math]\displaystyle{ \psi }[/math] der Kamera zu Fahrbahn bekannt sein. Dies ist aber a priori nur bei fest installierten Anlagen der Fall. Bei Messungen aus dem Fahrzeug oder von einem Stativ muss der Winkel hingegen aus dem Bildinhalt berechnet werden. Dazu lässt sich etwa der Abstand des Fluchtpunkts [math]\displaystyle{ x_{0f} }[/math] der Fahrbahn von der Bildmitte verwenden, denn es gilt: [math]\displaystyle{ \tan \psi = \frac {x_{0f}} f }[/math] Ist dies nicht (verlässlich) möglich, weil nicht genug Hilfslinien konstruiert werden können, kann man ersatzweise auf die Eckpunkte der Auswerteschablone zurückgreifen. Wenn diese perspektivisch korrekt ins Bild eingeblendet ist, steht sie quer zur Fahrbahn (bzw. quer zur Fahrtrichtung des Pkw), sodass der Abstand ihres Fluchtpunkts [math]\displaystyle{ x_{0s} }[/math] mit demjenigen der Fahrbahn über:

[math]\displaystyle{ 
x_{0f} \, x_{0s} = f^2
 }[/math]

verknüpft ist. Die Koordinaten der Eckpunkte der Auswerteschablone kann man auf die gleiche Weise bestimmen wie diejenigen eines jeden anderen Punktes. Alternativ kann man sie aus der XML-Datei herausfiltern, die beim JPEG-Export aus dem TUFF-Viewer erzeugt wird. Bezeichnet man deren Eckpunkte ausgehend vom linken unteren Punkt mathematisch umlaufend mit P1P4, so gilt für deren untere und obere Begrenzungslinie: [math]\displaystyle{ y = y_1 + \frac {y_2 - y_1}{x_2 - x_1} (x - x_1) = y_1 + m_1 (x - x_1)\\ y = y_4 + \frac {y_3 - y_4}{x_3 - x_4} (x - x_4) = y_4 + m_2 (x - x_4) }[/math] Der Fluchtpunkt liegt nun im Schnitt der beiden Linien: [math]\displaystyle{ x_f = \frac {(y_1 - m_1 x_1) - (y_4-m_2 x_4)} {m_2 - m_1} }[/math] Analog kann man ggf. den Fluchtpunkt der Fahrbahn aus jeweils zwei Fluchtpunkten auf den Fahrbahnrändern errechnen.

Bildausschnitte

Bei der Berechnung von [math]\displaystyle{ \varphi }[/math] fließt der Abstand [math]\displaystyle{ x }[/math] zur Bildmitte in die Berechnung ein, sodass das Zentrum des ursprünglichen Bildes bekannt sein muss. Daher kann man Bildausschnitte nur dann verwenden, wenn man zuvor die Bildmitte markiert hat. Man kann nicht einfach den Abstand zur Mitte des Bildausschnitts verwenden! Verwendet man anstelle von [math]\displaystyle{ R' }[/math] schlicht den Abstand der Frontmitte (Nummernschildmitte) [math]\displaystyle{ R }[/math], so lässt sich problemlos auch ein Bildausschnitt verwenden.

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