Richtungsfehler bei laser-basierter Geschwindigkeitsmessung

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2002, pp. 49 – 55 (#2)

Die selbst in kritischer Fachliteratur zu findende Angabe, dass sich ein Richtungsfehler bei der Geschwindigkeitsmessung mit einem Laser-Geschwindigkeitsmessgerät nicht zu Ungunsten des/der Betroffenen auswirken kann, ist grundsätzlich falsch. Stimmt die Messachse nicht mit der Fahrtrichtung des zu messenden Fahrzeugs überein, wird also unter einem Winkel, zum Beispiel vom Fahrbahnrand aus oder von einer Brücke herab die Geschwindigkeit eines Fahrzeuges gemessen, so legt das Fahrzeug in der Messzeit eine kürzere Strecke zurück, als dies vom Messgerät bei der Geschwindigkeitsberechnung berücksichtigt wird, sofern das Messgerät während der Messung nicht bewegt wird. Mithin zeigt das Messgerät eine höhere Geschwindigkeit an, als das Fahrzeug tatsächlich zurückgelegt hat. Die genauen Zusammenhänge werden dargestellt.


The even in critical papers found statement that speed measurement by a laser-speed gun under an angle between measuring-axis and driving-vector of the car never leads to a higher speed measurement than the actual car speed is generally wrong. If the measuring-axis is not parallel to the direction of speed the measured distance will be higher than the driven distance of the car, so far the laser-speed gun is not moved during measuring. This leads to a higher displayed speed by the measuring apparatus than the actual car speed.

Zitat

Weyde, M.; Witting, M.; Priester, J.; Gerlach, A.: Richtungsfehler bei laser-basierter Geschwindigkeitsmessung. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 40 (2002), pp. 49 – 55 (#2)

Inhaltsangabe

Laut Bedienungsanleitung ist bei der Geschwindigkeitsmessung mit Lasermessgeräten stets der gleiche Punkt am Fahrzeug anzupeilen, normalerweise das Kennzeichen. Das bedingt bei schräger Anpeilung (die aus nahe liegenden Gründen die Regel ist), dass das Gerät leicht, fast unmerklich mit dem Fahrzeug mitgeschwenkt wird. Bei dieser Handhabung ensteht ein Winkelfehler, der so genannte Cosinus-Fehler. Dieser führt zu Anzeige einer niedrigeren als der tatsächlichen Geschwindigkeit, wirkt sich also zugunsten des Betroffenen aus.

Wenn aber regelwidrig das Gerät festgehalten wird, wandert der Messpunkt während des Messvorgangs zur Seite oder nach oben. Das führt zur Anzeige einer zu hohen Geschwindigkeit, wirkt sich also zuungunsten des Betroffenen aus. Darum geht es in diesem Artikel. Es wird darauf hingewiesen, dass der Effekt der Physikalisch Technischen Bundesanstalt (PTB) offensichtlich nicht bekannt war. Dennoch hat die PTB auf entsprechende Anfragen flugs geantwortet, der Fehler sei selbstverständlich in der Verkehrsfehlergrenze von 3% bzw. 3 km/h enthalten.

Einschätzung des Rezensenten (--Unfallanalyseberlin 13:24, 13. Dez 2005 (CET)):
Auch wenn man diese PTB-typische Logik nicht unbedingt nachvollziehen will, sollte der Einfluss des Cosinusfehlers nicht überschätzt werden. In der Regel werden nämlich Lasermessgeräte bereits dann eine Fehlermeldung statt eines Messwertes ausgeben, wenn der Messpunkt das Kennzeichen verlässt (Messwertsprung). Spätestens aber wenn die Ecke eines Fahrzeugs erreicht wird, tritt das ein (sofern nicht vorher bereits ein Wert angezeigt wurde). Das begrenzt die Fehlermöglichkeit nach oben. Wenn das vorgeschriebene Mindestverhältnis von Messentfernung zu Seitenversatz von 10:1 nicht überschritten wird, liegt der theoretisch mögliche Winkelfehler stets deutlich unter 1%.

Ergänzung von Michael Diekel:

Pikant an der folgenden PTB-Stellungnahme ist, dass die PTB sich verrrechnet hat: cos (5,74°) = 0,994986! Der PTB-Chef hat Gerüchten zufolge Grad und Neugrad verwechselt...

Der Fehler beträgt bei 1/10 Querabstand nur etwa 0,5%, im Artikel wurde das auf 1% aufgerundet. Von der PTB wurde eine "Betriebsmäßige Prüfung" mit statistischer Auswertung durchgeführt (ist für alle Geschwindigkeitsmessgeräte vorgeschrieben), bei der dieser Fehler sicher innerhalb der +/- 3% Toleranz lag.


Wortlaut der schriftlichen PTB-Stellungnahme (01/2004):

Stellungnahme zu Behauptungen über "Richtungsfehler bei laser-basierter Geschwindigkeitsmessung"

Es wurde in einem Zeitschriftenartikel behauptet, bei Geschwindigkeitsmessungen mit Laserhandmessgeräten sei ein zusätzlicher Abzug von 1% bzw. von 1 km/h anzuwenden, wenn die Messung von einem Standort aus erfolgt, der nicht exakt in Fahrtrichtung des gemessenen Fahrzeuges liegt.

Diese Behauptung ist unrichtig. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass ein derartiger zusätzlicher Abzug unangebracht und unzulässig ist. Auch bei allen Laserhandmessgeräten gewährleistet die Zulassung der Gerätebauarten durch die PTB und die regelmäßige Eichung der einzelnen Geräte, dass bei Einhaltung der Gebrauchsanweisung der angezeigte Messwert keine größere Messabweichung vom richtigen Wert hat, als der Betrag der Fehlergrenze, der jeweils zugunsten des Betroffenen vom angezeigten Messwert abgezogen wird.

Der Effekt wird in dem Artikel grob unrichtig dargestellt. Er ist außerdem bei den Zulassungsprüfungen berücksichtigt worden, wie nachfolgend erläutert wird. Es besteht daher keinerlei Veranlassung einer zusätzlichen Berücksichtigung.

Es wird behauptet, der Effekt des Wanderns des nicht nachgeführten Messpunktes führe zu einer maximalen Erhöhung des Messwertes um rund 1 %, wobei von einem maximalen Winkel α = 5,74° ausgegangen wird. Der gemessene Wert müsste mit dem Faktor F = cos α multipliziert werden. F wird zu 0,99 berechnet, tatsächlich beträgt das Rechenergebnis aber 0,99593. Das bedeutet, der Effekt, der sich zu maximal 0,407 % berechnet, wird fälschlich hier um einen Faktor von 2,1 zu groß angegeben.

Falsch ist darüber hinaus die Annahme, dass die Lasergeschwindigkeitsmessungen mit einem unendlich dünnen Messstrahl erfolgt und daher ein Messpunkt auf dem Fahrzeug vorhanden sei. Tatsächlich beträgt der Durchmesser dieses "Punktes" bei der in dem Artikel angenommenen Messentfernung von 100 m zwischen 30 und 50 cm. Er überdeckt damit bereits weitgehend das ganze Kennzeichen. In größeren Entfernungen hat damit ein solches Verschieben des Messflecks überhaupt keinen Einfluss auf das Geschwindigkeitsmessergebnis.

Von entscheidender Bedeutung ist aber, dass bei den Zulassungsprüfungen Tausende von Messungen im Straßenverkehr auch mit entsprechenden Messorten und auch ohne Nachführen des Messstrahls durchgeführt worden sind. Der Vergleich mit den Ergebnissen der hochgenauen Referenzmessanlagen der PTB hat jeweils bestätigt, dass die Fehlergrenzen, deren Betrag jeweils vom angezeigten Messwert abgezogen wird, ausnahmslos eingehalten werden.

Wir weisen daher nochmals ausdrücklich darauf hin, dass eine zusätzliche Einrechnung weiterer Abzüge unzulässig ist. Geschwindigkeitsmessgeräten für die amtliche Überwachung des Straßenverkehrs wird entsprechend dem Eichgesetz und der Eichordnung die Zulassung zur Eichung nur erteilt, wenn gewährleistet ist, dass die gesetzlich vorgegebenen Fehlergrenzen von 3 km/h bezogen auf den angezeigten Messwert bei Geschwindigkeiten bis 100 km/h und von 3% vom angezeigten Messwert bei Geschwindigkeiten über 100 km/h beim praktischen Einsatz entsprechend der Gebrauchsanweisung unter Berücksichtigung aller beim ordnungemäßen Einsatz auftretenden Einflüsse stets eingehalten werden. Die Darstellung in dem Artikel, wonach die Fehlergrenzen nur entsprechend den Geräteeigenschaften festgelegt würden und daher zusätzliche Effekte beim Einsatz zusätzlich zu berücksichtigen seien, ist irreführend und unrichtig.

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