Vitronic PoliScan-Speed - Messprinzip und Fehlerquellen

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2010, pp. 13 – 20 (#1)

Obwohl die Physikalisch-Technische Bundesanstalt PTB neue Geschwindigkeitsmessverfahren prüft, bevor sie zur Anwendung freigegeben werden, gibt es in der Praxis immer wieder Zweifel an der Genauigkeit oder Zuverlässigkeit der Verfahren – so auch beim Messgerät Vitronic PoliScan-Speed. Die Ingenieurbüros Priester & Weyde, Unfallanalyse Berlin und Wanderer-Devrient-Hahn führten daher gemeinsam Versuche mit diesem Messgerät durch und ermittelten, ob fehlerhafte Messungen ausgeschlossen sind.


Vitronic PoliScan Speed - Measuring principle and error sources
Even though the Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) - an official national metrology institute for scientific and technical services) has to prove and certify new measurement equipments for police speed monitoring, there are always doubts about preciseness and reliability of such measurement systems - this also applies for a rather new system by Vitronic called PoliScan-Speed. Three independent consulting engineers - Priester & Weyde, Unfallanalyse Berlin and Wanderer/Devrient/Hahn - carried out test series on this new measurement system in order to prove possibilities of erroneous measurements.

Zitat

Winninghoff, M.; Weyde, M.; Hahn, M.: Vitronic PoliScan-Speed – Messprinzip und Fehlerquellen. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 48 (2010), pp. 13 – 20 (#1).

Inhaltsangabe

Bei den Versuchsfahrten wurde der Nachweis geführt, dass es zu falschen Messwertzuordnungen kommen kann. Im vorliegenden Fall wurde bspw. die Messung von einem Rechtsabbieger ausgelöst, der vom Messgerät generierte Messwert kann nach gültigen Auswertevorschriften einem links stehenden Fahrzeug zugeordnet werden. Das den Meßwert auslösende Fahrzeug war auf dem Messfoto nicht abgelichtet.

Dieser Versuch war nicht etwa ein Zufallstreffer, sondern beabsichtigt. Er resultierte aus Überlegungen, dass eine solche Konstellation zu der erzielten Fehlauslösung führen müsste und konnte auch reproduziert werden. Daher hat das Messgerät selbst keine Überraschungen geliefert, sondern funktioniert so, wie prognostiziert, bzw. wie anhand der inzwischen bekannten Funktionalität zu erwarten ist. Der Vorwurf, dass dieser Fehler möglich ist, ist daher gegen die PTB zu richten.
Durch fotogrammetrische Auswertung der Original-Messdateien lässt sich i. A. bei ausreichender Bildqualität anhand des eingeblendeten Rahmens prüfen, ob das fotografierte Fahrzeug die Messung ausgelöst hat.

--Win 13:52, 5. Jan 2010 (CET)

Kommentar

Am Anfang des Artikels werden zunächst einige Hinweise zur Funktionsweise des Geräts gegeben, die bisher allenfalls in Ansätzen bekannt war. Anschließend wird die Fotodokumentation des Gerätes gezielt ausgetrickst:

Zwischen der Messwertbildung und der Fotodokumentation gibt es einen räumlichen Versatz, weil das Fahrzeug bei der Messwertbildung noch zu weit weg ist, um ein geeignetes Foto vom Fahrer zu schießen. Dieser räumliche Versatz bewirkt einen zeitlichen Versatz, der bei geringen Fahrgeschwindigkeiten auf der dem Gerät zugewandten Fahrspur am größten ist. Für die Fotodokumentation arbeitet das Gerät anscheinend mit einer linearen Prädiktion, d.h. die ermittelte Bewegungsbahn wird gradlinig fortgeschrieben und über die gemessene Fahrgeschwindigkeit wird die Position des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Fotodokumentation vorausgesagt. Diese wird durch den in das Bild eingeblendeten Rahmen angezeigt.

Wenn der Fahrer, nachdem der Messwert gebildet wurde, seine Fahrweise radikal ändert – im Artikel werden Vollbremsungen, starke Beschleunigungen und extreme Lenkmanöver untersucht –, dann befindet sich das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Fotodokumentation nicht an der vorhergesagten Stelle. Den Autoren gelingt es durch ein radikales Lenkmanöver, das gemessene Fahrzeug gänzlich aus dem Foto heraus zu lenken, sodass man innerhalb des Auswerterahmens einen Pkw sieht, der zuvor passend abgestellt wurde.

Die Kritik der Autoren an der PTB ist insoweit berechtigt, als dass man dort nach einigem nachdenken leicht ähnliche Versuche hätte anstellen können und daraus entsprechende Randbedingungen für den Betrieb hätte definieren können. Ob dies gleich der aufmerksame Messbetrieb sein muss (wie ihn die Autoren anregen), ist jedoch die Frage. Die von den Autoren dargestellten Fahrmanöver benötigen viel Platz (die Versuche fanden auf einem leeren Parkplatz statt), der nur an wenigen Messstellen vorhanden sein dürfte. Außerdem fällt auf, dass bei dem fälschlicherweise abgelichteten, stehenden Fahrzeug die sog. "Smear-Linien" fehlen, die bei bewegten Fahrzeugen typischerweise auf der Bilddokumentation zu sehen sind.

--Whugemann 09:30, 13. Jan 2010 (CET)

Das Fehlen der Smearlinien ist kein Hinweis darauf, dass ein Fahreug stand. Es gibt etliche Messungen zweifelsfrei fahrender Fahrzeuge ohne Smearlinien. M. E. erkennt man auf Bild 8 des o. g. Aufsatzes auch Smearlinien am rechten Scheinwerfer des Honda, die annähernd senkrecht verlaufen und dadurch einen Hinweis darauf geben, dass das Fahrzeug stand.
Zur Aufstellsituation: Sicherlich war auf dem Parkplatz eine Menge Platz. Es ist aber auch wohl eine realistische Annahme, dass Messbeamte Messstellen aussuchen, wo sie nicht Gefahr laufen "zugeparkt" zu werden. Daher bietet sich z. B. die erste Parklücke nach einer Einmündung besonders an. Und eben in diese Einmündung könnte ein Fahrzeug "abtauchen". Gleichermaßen würde den Messbeamten eine Grundstückseinfahrt unmittelbar vor dem Messgerät für einen (vermeintlich) problemlosen Messbetrieb entgegenkommen. Es heißt in der Gebrauchsanweisung hierzu auch: "Hindernisse im Messbereich führen zur Unterbrechung der Messung, Fehlmessungen sind jedoch ausgeschlossen. Achten Sie daher beim Aufstellen der Messeinheit in Parklücken auf ausreichende Parklückenlänge." (Version2.2.4, S. 7-2)

--Win 10:20, 13. Jan 2010 (CET)

Errata

Statt "Physikalisch-technische Prüfanstalt" muss es auf der ersten Seite des Artikels natürlich "Physikalisch-technische Bundesanstalt" heißen.

Beiträge zum Thema im VuF

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