Lassen sich die bei einer Pkw-Pkw-Heckkollisionen auftretenden Beanspruchungen mit Alltagsbelastungen vergleichen?: Unterschied zwischen den Versionen
KKeine Bearbeitungszusammenfassung |
K (Druckfehler im Heft!) |
||
(Eine dazwischenliegende Version desselben Benutzers wird nicht angezeigt) | |||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
2003, pp. 47 – 50 (#2) | 2003, pp. 47 – 50 (#2) | ||
{{Intro|In dieser Untersuchung wurden verschiedene Alltagsbelastungen analysiert (Rempler, Sprünge und Stuhl-Tisch-Kollisionen). Im Rahmen einer Voruntersuchung wurden die Bewegungsabläufe der differierenden Beanspruchungen untersucht, was zu dem Ergebnis führte, dass lediglich bei Stuhl-Tisch-Kollisionen eine Vergleichbarkeit gegeben war. Bei den ausgewerteten Versuchsreihen lag eine Geschwindigkeitsänderungsbandbreite zwischen 5 bis 8 km/h vor. Dieser Belastungsart wurden Einwirkungen bei Auffahrkollisionen auf gleichem Beanspruchungsniveau gegenübergestellt. Trotz sehr ähnlicher Bewegungsabläufe und gleicher Beanspruchungshöhe konnten große Diskrepanzen bei den Beschleunigungssignalen festgestellt werden (Zeitverzug zwischen Einzelsignalen). Ein Proband, der an einer Pkw-Barriere- und einer Stuhl-Tisch-Kollision teilnahm (Geschwindigkeitsänderung jeweils ca. 5 km/h) wies dezidiert darauf hin, dass nach seinem subjektivem Empfinden eine Vergleichbarkeit der Belastungsarten nicht gegeben war.<br> | |||
Eine Begründung für diesen Sachverhalt liefert möglicherweise die Hypothese, dass der bei einer Heckkollision typischerweise auftretende Zeitverzug zwischen Fahrgastzellen-, Brust- und Kopfbeschleunigung zu einer Scherbewegung zwischen Rumpf und Kopf führt (S-Shape). Infolge dieser Scherung kommt es zu Druckspitzen im Spinalkanal (Rückenmark), die einen Erklärungsansatz für eine Verletzungswahrscheinlichkeit bieten. Abschließend ist somit zu konstatieren, dass ein Vergleich von Alltagsbelastungen mit Pkw-Pkw-Unfällen, lediglich im Rahmen einer Betrachtung der Beschleunigungsspitzen und des Bewegungsablaufes, ohne die genauere Analyse der zugehörigen Signa/-Zeit-Verläufe nicht zulässig ist.}} | |||
{{English|In this study several daily observed stresses are analyzed. These several daily observed stresses are compared with the stresses that occcur during a rear-end collision at low speed. This study let us find out, that despite very similar motions, a great discrepancy between the acceleration signals is shown, which makes it difficult to compare them rear-end-collisions.}} | |||
==Zitat== | ==Zitat== | ||
[[Krause, R.]]; [[Hesse, M.]]; [[Becke, M.]]: Lassen sich die bei einer Pkw-Pkw- | [[Krause, R.]]; [[Hesse, M.]]; [[Becke, M.]]: Lassen sich die bei einer Pkw-Pkw-Heckkollision auftretenden Beanspruchungen mit Alltagsbelastungen vergleichen? Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 41 (2003), pp. 47 – 50 (#2) | ||
==Inhaltsangabe== | ==Inhaltsangabe== | ||
Zeile 11: | Zeile 16: | ||
Dies lässt sich möglicherweise damit begründen, dass der bei einer Heckkollision auftretende Zeitverzug zwischen Fahrgastzellen-, Brust- und Kopfbeschleunigung zu einer Scherbewegung zwischen Rumpf und Kopf führt. Diese Scherbewegung wird auch S-Shape genannt. Infolge dieser Scherung kommt es zu Druckspitzen im Spinalkanal (Rückenmark), die einen Erklärungsansatz für eine Verletzungswahrscheinlichkeit bieten. Bei Stuhl-Tisch-Kollisionen ist nahezu kein Zeitverzug zwischen den einzelnen Beschleunigungssignalen feststellbar. | Dies lässt sich möglicherweise damit begründen, dass der bei einer Heckkollision auftretende Zeitverzug zwischen Fahrgastzellen-, Brust- und Kopfbeschleunigung zu einer Scherbewegung zwischen Rumpf und Kopf führt. Diese Scherbewegung wird auch S-Shape genannt. Infolge dieser Scherung kommt es zu Druckspitzen im Spinalkanal (Rückenmark), die einen Erklärungsansatz für eine Verletzungswahrscheinlichkeit bieten. Bei Stuhl-Tisch-Kollisionen ist nahezu kein Zeitverzug zwischen den einzelnen Beschleunigungssignalen feststellbar. | ||
Anhand der Erkenntnisse ist somit festzustellen, dass sich die meisten Alltagsbelastung kaum mit Pkw- Pkw-Unfällen vergleichen lassen. | Anhand der Erkenntnisse ist somit festzustellen, dass sich die meisten Alltagsbelastung kaum mit Pkw-Pkw-Unfällen vergleichen lassen. | ||
09.03.2007 Ralf Krause | 09.03.2007 Ralf Krause | ||
Zeile 17: | Zeile 22: | ||
==Weitere Beiträge zum Thema im VuF== | ==Weitere Beiträge zum Thema im VuF== | ||
{{QV:HWS}} | {{QV:HWS}} | ||
[[Kategorie:Biomechanik]] | [[Kategorie:Biomechanik]] | ||
[[Kategorie:Sonstige Versuche]] | [[Kategorie:Sonstige Versuche]] |
Aktuelle Version vom 4. Dezember 2017, 22:43 Uhr
2003, pp. 47 – 50 (#2)
In dieser Untersuchung wurden verschiedene Alltagsbelastungen analysiert (Rempler, Sprünge und Stuhl-Tisch-Kollisionen). Im Rahmen einer Voruntersuchung wurden die Bewegungsabläufe der differierenden Beanspruchungen untersucht, was zu dem Ergebnis führte, dass lediglich bei Stuhl-Tisch-Kollisionen eine Vergleichbarkeit gegeben war. Bei den ausgewerteten Versuchsreihen lag eine Geschwindigkeitsänderungsbandbreite zwischen 5 bis 8 km/h vor. Dieser Belastungsart wurden Einwirkungen bei Auffahrkollisionen auf gleichem Beanspruchungsniveau gegenübergestellt. Trotz sehr ähnlicher Bewegungsabläufe und gleicher Beanspruchungshöhe konnten große Diskrepanzen bei den Beschleunigungssignalen festgestellt werden (Zeitverzug zwischen Einzelsignalen). Ein Proband, der an einer Pkw-Barriere- und einer Stuhl-Tisch-Kollision teilnahm (Geschwindigkeitsänderung jeweils ca. 5 km/h) wies dezidiert darauf hin, dass nach seinem subjektivem Empfinden eine Vergleichbarkeit der Belastungsarten nicht gegeben war.
Eine Begründung für diesen Sachverhalt liefert möglicherweise die Hypothese, dass der bei einer Heckkollision typischerweise auftretende Zeitverzug zwischen Fahrgastzellen-, Brust- und Kopfbeschleunigung zu einer Scherbewegung zwischen Rumpf und Kopf führt (S-Shape). Infolge dieser Scherung kommt es zu Druckspitzen im Spinalkanal (Rückenmark), die einen Erklärungsansatz für eine Verletzungswahrscheinlichkeit bieten. Abschließend ist somit zu konstatieren, dass ein Vergleich von Alltagsbelastungen mit Pkw-Pkw-Unfällen, lediglich im Rahmen einer Betrachtung der Beschleunigungsspitzen und des Bewegungsablaufes, ohne die genauere Analyse der zugehörigen Signa/-Zeit-Verläufe nicht zulässig ist.
In this study several daily observed stresses are analyzed. These several daily observed stresses are compared with the stresses that occcur during a rear-end collision at low speed. This study let us find out, that despite very similar motions, a great discrepancy between the acceleration signals is shown, which makes it difficult to compare them rear-end-collisions.
Zitat
Krause, R.; Hesse, M.; Becke, M.: Lassen sich die bei einer Pkw-Pkw-Heckkollision auftretenden Beanspruchungen mit Alltagsbelastungen vergleichen? Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 41 (2003), pp. 47 – 50 (#2)
Inhaltsangabe
In der Untersuchung wurden verschiedene Alltagsbelastungen analysiert (wie z. B. Rempler, Sprünge und Stuhl-Tisch-Kollisionen). Im Rahmen einer Voruntersuchung wurden die Bewegungsabläufe der zuvor genannten Alltagsbelastungen untersucht, was zu dem Ergebnis führte, dass lediglich bei Stuhl-Tisch-Kollision eine Vergleichbarkeit gegeben war. Bei den ausgewerteten Versuchsreihen lag eine Geschwindigkeitsänderungsbrandbreite zwischen 5 und 8 km/h vor. Dieser Belastungsart wurden Einwirkungen bei Auffahrkollision auf gleichem Beanspruchungsniveau gegenübergestellt.
Trotz sehr ähnlicher Bewegungsabläufe und gleicher Beanspruchungshöhe konnten große Diskrepanzen bei den Beschleunigungssignalen festgestellt werden (hierbei ist auf den Zeitverzug zwischen den Einzelsignalen von Brust- und Kopfbeschleunigung hinzuweisen). Ein Proband, der an einer Pkw-Barriere- und einer Stuhl-Tisch-Kollision teilnahm, wies dezidiert darauf hin, dass nach seinem subjektiven Empfinden eine Vergleichbarkeit der Belastungen nicht gegeben war.
Dies lässt sich möglicherweise damit begründen, dass der bei einer Heckkollision auftretende Zeitverzug zwischen Fahrgastzellen-, Brust- und Kopfbeschleunigung zu einer Scherbewegung zwischen Rumpf und Kopf führt. Diese Scherbewegung wird auch S-Shape genannt. Infolge dieser Scherung kommt es zu Druckspitzen im Spinalkanal (Rückenmark), die einen Erklärungsansatz für eine Verletzungswahrscheinlichkeit bieten. Bei Stuhl-Tisch-Kollisionen ist nahezu kein Zeitverzug zwischen den einzelnen Beschleunigungssignalen feststellbar.
Anhand der Erkenntnisse ist somit festzustellen, dass sich die meisten Alltagsbelastung kaum mit Pkw-Pkw-Unfällen vergleichen lassen.
09.03.2007 Ralf Krause
Weitere Beiträge zum Thema im VuF
- 1994 #1 Zur Belastung der Halswirbelsäule durch Auffahrunfälle
- 1996 #2 Zur Problematik von HWS-Verletzungen – Ergebnisse aus Unfallanalysen und Versuchen
- 1997 #2 Sitzposition – Einfluß auf den Insassenschutz
- 1997 #12 Versuche zur Belastung der HWS bei kleinen Seitenanstößen
- 1998 #1 HWS-Distorsionen im geringen Unfallschwerebereich
- 1998 #3 Studie zur HWS-Verletzung
- 1998 #6 HWS-Problematik
- 1998 #10 HWS-Verletzung in der Schadenregulierung
- 1999 #1 Freiwilligen-Versuche zur Belastung der Halswirbelsäule durch Pkw-Heckanstöße
- 1999 #2 HWS-Biomechanik 98 Sonderfälle zum Verletzungsrisiko
- 1999 #5 Zur Abschätzung der Geschwindigkeitsänderung beim Niedergeschwindigkeitsheckaufprall unter Berücksichtigung des Gesamtdeformationsverhaltens beider Kollisionspartner
- 1999 #7/8 FIP – Forward Inclined Position Insassenbelastung infolge vorgebeugter Sitzposition bei leichten Heckkollisionen
- 1999 #11 Zur Belastung von Fahrzeuginsassen bei leichten Seitenkollisionen
- 2000 #2 Gurtschlitten – Untersuchung der biomechanischen Belastung
- 2000 #7/8 Zur Belastung von Fahrzeuginsassen bei leichten Seitenkollisionen - Teil 2
- 2000 #10 Die Stoßzahl bei Auffahrkollisionen
- 2001 #7/8 Die Insassenbewegung bei leichten Pkw-Heckanstößen
- 2001 #11 Leserbrief: Wertmaßstab für die Beurteilung der Insassenbelastung: a oder Δv?
- 2002 #5 Der simulierte Heckanstoß
- 2003 #2 Lassen sich die bei einer Pkw-Pkw-Heckkollisionen auftretenden Beanspruchungen mit Alltagsbelastungen vergleichen?
- 2004 #4 Insassenschutz beim Pkw-Heckaufprall
- 2007 #2 Erkenntnisse zum Deformationsverhalten moderner Fahrzeuge und zur Belastung der Insassen beim Heckanprall
- 2007 #3 Gurtschlitten - aktualisierte Untersuchung der biomechanischen Belastung
- 2007 #11 Schutzhaltung RISP (Rear Impact Self Protection)
- 2008 #1 HWS-Belastung beim Heckanstoß – Erkenntnisse zur Schutzhaltung für Pkw-Insassen
- 2008 #4 Heckaufprallversuche auf Fahrzeuge mit Anhängerkupplung
- 2008 #7/8 Trauma-Biomechanik - Schnittstelle zwischen Medizin und Technik
- 2011 #4 Heckaufprallversuche mit Autoscootern
- 2012 #5 Biomechanische Messungen an Probanden bei Alltagsbelastungen im Vergleich zu Bagatellkollisionen
- 2015 #11 Messung von Drehbewegungsgrößen ermöglichen neue, verbesserte Schutzkriterien für Schädel- / Hirn-und Abdominal- / Becken-Verletzungen von Fahrzeuginsassen
- 2015 #11 Bewegungsanalyse und Bewertung des Verletzungsrisikos von Insassen bei Seitenkollisionen – Erkenntnisse aus Crashtests beim fahrenden Pkw
- 2016 #6 Reboundfaktorverfahren
Weitere Infos zum Thema HWS
- 1973 Schleuderverletzung der Halswirbelsäule
- 1995 Scientific Monograph of the Quebec Task Force on Whiplash-Associated Disorders, QTF
- 1994 Alltagsbelastungen
- 2001 Literaturauswertung zur Problematik der HWS–Verletzungen bei leichten Pkw–Heckkollisionen in "Grundlagen zur mechanischen Belastung der Halswirbelsäule bei verschiedenen Kollisionsbedingungen". Förch, A., Diplomarbeit TU Karlsruhe, 11/2001.
- 2005 CD:DSD Osterseminar 2005 Linz, Austria
- 2007 Halswirbelsäulenverletzungen im Straßenverkehr und Strategien der Vermeidung. Internationale Tagung 05. – 06.11.2007, München.
- 2007 NeckPRO – Aktive Kopfstütze von Mercedes-Benz
- Webseite eines Arztes zum Thema HWS
- Schleudertrauma in der Wikipedia
- Artikel, Was ist ein schwerer, was ist ein leichter Verkehrsunfall
- 2009 – Vortrag "Unfallrekonstruktion und Verletzungsmechanik"
- Biomechanische Belastungswerte
- Literaturliste: Biomechanik