Die Insassenbewegung bei leichten Pkw-Heckanstößen
2001, p. 199 (#7/8)
Im Rahmen einer interdisziplinären Freiwilligen-Studie zur Belastung der Halswirbelsäule durch Pkw- und Autoskooter-Anstöße wurde neben zahlreichen kollisionsmechanischen Parametern die Insassenbewegung untersucht. Hierbei wurde mit Hilfe einer Videoanalyse auch die Fahrzeug- und Sitzbewegung aufgezeichnet.
Prinzipiell lässt sich der Bewegungsablauf infolge eines Heckanstoßes in eine Primär- und eine Sekundärbewegung unterteilen. Innerhalb der Primärbewegung vollzieht der Insasse eine relativ zum Sitz nach hinten gerichtete Bewegung. In der sich anschließenden Sekundärbewegung bewegt sich der Fahrzeuginsasse relativ zum Fahrzeug nach vorn, bis er durch die Rückhaltewirkung des Sicherheitsgurtes aufgefangen wird. Während der Primärbewegung erfährt die Wirbelsäule zunächst eine Flexion und anschließend eine Extension. Auf Grund der Sekundärbewegung kommt es zu einer Flexionsbewegung der Wirbelsäule, die ebenfalls bei Frontalkollisionen auftritt. Somit ist die aus der Sekundärbewegung resultierende biomechanische Insassenbelastung prinzipiell mit derjenigen einer Frontalkollision zu vergleichen. Die Relativgeschwindigkeit, mit welcher der Insasse sich infolge eines Heckanstoßes innerhalb der Sekundärbewegung im Fahrzeug nach vorn bewegt, kann durch den Reboundfaktor beschrieben werden.
Der Vergleich von Pkw- und Skooter-Kollisionen zeigt grundsätzliche Gemeinsamkeiten im Hinblick auf den Bewegungsablauf der Insassen.
Within an interdisciplinary study with volunteers about the stress of the cervical spine as a result of rear-end collisions the motions of the occupants, the seats and the vehicles were analyzed.
Basically it must be distinguished between a primary and a secondary part of the occupant's motion. During the primary motion the occupant moves backwards in the vehicle and in the
seat while there is a flexion and then an extension of the spine. In the following secondary phase the motion is forward, until the occupant is stopped by the safety belt. Here the spine makes a flexion like in a frontal crash. Therefore the stress of the spine because of the secondary phase is comparable with the stress of a frontal crash. The relative velocity of the passenger forward in the car because of a rear-impact can be described by the rebound-factor.
Bumper-car und car collisions have a lot of fundamental facts of the occupant motion in common.
Zitat
Kalthoff, W.; Meyer, St.; Becke, M.: Die Insassenbewegung bei leichten Pkw-Heckanstößen. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 39 (2001), pp 199 – 206 (#7/8)
Inhaltsangabe
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