Freiwilligen-Versuche zur Belastung der Halswirbelsäule durch Pkw-Heckanstöße

Aus Colliseum
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1999, p. 13 (#1)

Im Rahmen einer interdisziplinären (technisch-medizinischen) Studie des Ingenieurbüros Schimmelpfennig+Becke und der Akademie für Manuelle Medizin an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster wurden Pkw-Auffahrkollisionen mit resultierenden Geschwindigkeitsänderungen zwischen 10 und 15 km/h im Hinblick auf Verletzungen der Halswirbelsäule untersucht. Dabei wurde der Bewegungsablauf der Insassen erfaßt und es wurden Analogien zwischen Pkw-Auffahrkollisionen und Autoskooter-Anstößen nachgewiesen.
An den 17 Pkw- und 3 Autoskooter-Kollisionen nahmen 14 männliche Freiwillige im Alter von 28 bis 47 Jahren und 5 weibliche Freiwillige im Alter von 26 bis 37 Jahren teil. Vor und nach jedem Crash wurden die Freiwilligen klinisch und kernspintomographisch untersucht. Zusätzlich wurde eine Ultraschall-Untersuchung der HWS-Beweglichkeit durchgeführt. Während des Crash-Tests waren alle Versuchspersonen akustisch und visuell von der Außenwelt abgeschirmt, um eine Antizipation des Anstoßereignisses zu unterbinden. Der Tonus der Halsmuskulatur wurde durch Elektromyographie-Oberflächen-Elektroden in verschiedenen Bereichen überwacht. Der Bewegungsablauf und die biomechanischen Beschleunigungssignale wurden computerunterstützt aufgezeichnet. In allen Versuchsfahrzeugen war zusätzlich ein Unfalldatenspeicher installiert.
Es wurden Geschwindigkeitsänderungen von 8,7 bis 14,2 km/h bei den Pkw und 8,3 bis 10,6 km/h bei den Autoskootern realisiert. Die mittleren Beschleunigungen lagen zwischen 2,1 und 3,6 g bei den Pkw und 1,8 bis 2,6 g bei den Autoskootern. Weder bei den orthopädischen Untersuchungen, der computerunterstützten Überprüfung der Beweglichkeit, noch den kernspintomographischen Untersuchungen wurden Verletzungen der Freiwilligen festgestellt. Nur ein männlicher Proband gab nach den Versuchen über einen längeren Zeitraum von 10 Wochen eine Einschränkung der Linksrotation an. Keiner der Probanden berichtete über gravierende Beschwerden. Die kollisionsdynamischen Ausgangsparameter zur Ermittlung der biomechanischen Insassenbelastung bei Autoskooter- und Pkw-Kollisionen lagen bei leichten bis mäßigen Verformungen der Pkw in gleicher Größenordnung und zeigten einen weitgehend identischen Verlauf.
Allgemein konnte durch die Versuche bestätigt werden, daß die sich bei Geschwindigkeitsänderungen von bis zu 10 km/h ergebenden biomechanischen Insassenbelastungen problemlos ohne Verletzungsfolge von der Halswirbelsäule toleriert werden. Für die Praxis der technischen Analyse sind die bei den Versuchen erzeugten Beschädigungsbilder der Fahrzeuge eine wesentliche Arbeitsgrundlage.


Zitat

Meyer, St.; Weber, M.; Kalthoff, W.; Schilgen, M.; Castro, W.: Freiwilligen-Versuche zur Belastung der Halswirbelsäule durch Pkw-Heckanstöße. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 37 (1999), pp. 13 – 24 (# 1)

Inhaltsangabe

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