Lkw Verzögerungen, Beschleunigungen und Schwellzeiten: Unterschied zwischen den Versionen
(Ergänzung Intro) |
|||
(2 dazwischenliegende Versionen von 2 Benutzern werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
1990, p. 199 (#7) | 1990, p. 199 (#7/8) | ||
{{Intro|Für den forensisch tätigen Sachverständigen sind zur Rekonstruktion von Lkw-Unfällen häufig Beschleunigungswerte, Verzögerungswerte und Bremsschwellzeiten notwendig, da diese in den unteren Geschwindigkeitsbereichen nicht oder nur zum Teil von der Tachoscheibe aufgezeichnet werden.<br> | |||
Folgende Ergebnisse wurden erzielt:<br><br> | |||
Beschleunigungsmessungen:<br> | |||
Beschleunigungswerte durch Anfahren aus dem Stand im 1. und 2. Gang:<br> | |||
1,1 bis 1,6 m/s².<br> | |||
Schaltdauer vom 1. in den 2. Gang: 0,75 bis 1,15 s.<br> | |||
Der Einfluß eines leeren / halbbeladenen Hängers im Vergleich zur Zugmaschine allein ist ebenso von untergeordneter Bedeutung wie der Unterschied zwischen einem »normalen« und einem »zügigen« Anfahren.<br><br> | |||
Verzögerungsmessungen:<br> | |||
Alle Zugmaschinen und Hänger waren mit abschaltbarem ABS ausgerüstet. Ohne ABS neigen Zugmaschinen und Gespanne beim Abbremsen schon aus 30 km/h zum Ausbrechen unter Zeichnung intensiver Spuren.<br><br> | |||
Verzögerung Zugmaschine halbbeladen ohne Hänger: 6,4 ± 0,2 m/s².<br> | |||
Verzögerung Zugmaschine mit Hänger: 5,8 bis 6,2 m/s².<br><br> | |||
Vergleich Pkw: a >> 8,5 m/s².<br> | |||
Verzögerung Zugmaschine volle Beladung: 5,4 ± 0,2 m/s².<br> | |||
Verzögerung Zugmaschine plus Hänger und volle Beladung: Abfall bis auf 3 m/s² möglich.<br> | |||
Verzögerungsmessungen ohne ABS (nur aus 30 km/h durchgeführt): Gleiche Werte wie mit ABS.<br> | |||
Bremsschwellzeiten Einzelfahrzeuge und Gespanne: 0,25 bis 0,5 s.<br> | |||
Folgen für das Unfallgeschehen und die Rekonstruktion: Lkw-Gespanne haben im Idealfall um ca. 2 m/s² niedrigere Verzögerungswerte als Pkw-Fahrzeuge. Deswegen ergeben sich daraus längere Bremswege, insbesondere bei hohem Beladungszustand und aus hohen Geschwindigkeitsbereichen (um 80 km/h). Es resultieren daraus zum Teil doppelt so große Anhaltewege für Lkw-Gespanne wie für Pkw-Fahrzeuge.}} | |||
==Zitat== | ==Zitat== | ||
[[Großer, W.]] | [[Großer, W.]]; [[Kolb, W.]]; [[Fürbeth, V.]]: Lkw Verzögerungen, Beschleunigungen und Schwellzeiten. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 28 (1990), pp. 199 – 202 (#7/8) | ||
==Inhaltsangabe== | ==Inhaltsangabe== | ||
Zeile 7: | Zeile 26: | ||
==Weitere Beiträge zum Thema im VuF== | ==Weitere Beiträge zum Thema im VuF== | ||
{{QV:Anfahren}} | {{QV:Anfahren}} | ||
[[Kategorie:Bremsen]] | [[Kategorie:Bremsen]] | ||
[[Kategorie:Beschleunigen]] | [[Kategorie:Beschleunigen]] | ||
[[Kategorie:Lkw]] | [[Kategorie:Lkw]] |
Aktuelle Version vom 5. März 2018, 20:42 Uhr
1990, p. 199 (#7/8)
Für den forensisch tätigen Sachverständigen sind zur Rekonstruktion von Lkw-Unfällen häufig Beschleunigungswerte, Verzögerungswerte und Bremsschwellzeiten notwendig, da diese in den unteren Geschwindigkeitsbereichen nicht oder nur zum Teil von der Tachoscheibe aufgezeichnet werden.
Folgende Ergebnisse wurden erzielt:
Beschleunigungsmessungen:
Beschleunigungswerte durch Anfahren aus dem Stand im 1. und 2. Gang:
1,1 bis 1,6 m/s².
Schaltdauer vom 1. in den 2. Gang: 0,75 bis 1,15 s.
Der Einfluß eines leeren / halbbeladenen Hängers im Vergleich zur Zugmaschine allein ist ebenso von untergeordneter Bedeutung wie der Unterschied zwischen einem »normalen« und einem »zügigen« Anfahren.
Verzögerungsmessungen:
Alle Zugmaschinen und Hänger waren mit abschaltbarem ABS ausgerüstet. Ohne ABS neigen Zugmaschinen und Gespanne beim Abbremsen schon aus 30 km/h zum Ausbrechen unter Zeichnung intensiver Spuren.
Verzögerung Zugmaschine halbbeladen ohne Hänger: 6,4 ± 0,2 m/s².
Verzögerung Zugmaschine mit Hänger: 5,8 bis 6,2 m/s².
Vergleich Pkw: a >> 8,5 m/s².
Verzögerung Zugmaschine volle Beladung: 5,4 ± 0,2 m/s².
Verzögerung Zugmaschine plus Hänger und volle Beladung: Abfall bis auf 3 m/s² möglich.
Verzögerungsmessungen ohne ABS (nur aus 30 km/h durchgeführt): Gleiche Werte wie mit ABS.
Bremsschwellzeiten Einzelfahrzeuge und Gespanne: 0,25 bis 0,5 s.
Folgen für das Unfallgeschehen und die Rekonstruktion: Lkw-Gespanne haben im Idealfall um ca. 2 m/s² niedrigere Verzögerungswerte als Pkw-Fahrzeuge. Deswegen ergeben sich daraus längere Bremswege, insbesondere bei hohem Beladungszustand und aus hohen Geschwindigkeitsbereichen (um 80 km/h). Es resultieren daraus zum Teil doppelt so große Anhaltewege für Lkw-Gespanne wie für Pkw-Fahrzeuge.
Zitat
Großer, W.; Kolb, W.; Fürbeth, V.: Lkw Verzögerungen, Beschleunigungen und Schwellzeiten. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 28 (1990), pp. 199 – 202 (#7/8)
Inhaltsangabe
Weitere Beiträge zum Thema im VuF
- 1978 #3 Anfahr- und Anhaltevorgänge von Linien-Omnibussen
- 1986 #5 Anfahrbeschleunigungen von Personenwagen
- 1988 #9 – 1994 #11 (Artikelreihe) Versuchsergebnisse: Maximalbeschleunigung von Zweirädern
- 1988 #9 – 1994 #11 (Artikelreihe) Beschleunigungsverhalten von Kraftfahrzeugen
- 1990 #7/8 Lkw Verzögerungen, Beschleunigungen und Schwellzeiten
- 1992 #10 Anfahrbeschleunigungen für die Praxis
- 1993 #7/8 Lkw-Anfahrbeschleunigungswerte für die Praxis
- 1993 #12 Anfahrbeschleunigungen für die Praxis Zweiräder
- 1994 #3 Anfahrbeschleunigungen von motorisierten Zweirädern
- 1994 #11 Anfahrbeschleunigungen für die Praxis - Kraftomnibusse (KOM)
- 1995 #2 Transformation gemessener Anfahrkennlinien auf die Unfallbedingungen
- 1998 #7/8 Schaltvorgänge und Anfahrbeschleunigung des Normalfahrers im Innerortsverkehr
- 2002 #4 Anfahrbeschleunigungen im alltäglichen Straßenverkehr
- 2005 #4 Beschleunigungsmessungen an Autobussen in realen Verkehrssituationen zur Berechnung der auf die Fahrgäste einwirkenden dynamischen Belastungen
- 2012 #6 Die Anfahrbeschleunigung von Personenkraftwagen im Innerortsverkehr
- 2015 #2 Pedelecs – rechtliche Grundlagen, technische Eigenschaften, Beschleunigungs- und Bremsversuche
- 2017 #6 Anfahrbeschleunigungen, Verzögerungen und Querbeschleunigungen von Normalfahrern im Straßenverkehr
Weitere Infos zum Thema
- 1979 Braun, H.; Dreyer, W.: Ein Standard-Fahrzyklus für Stadtlinienomnibusse: Stadtbuszyklus. ATZ 81 (1979), pp. 29 - 32
- 2001 Nickel, M.: Geschwindigkeitsabhängige Summenhäufigkeiten von Längs- und Querbeschleunigungen für ein Fahrerkollektiv. Diplomarbeit an der FH Köln, 2001; Downloadlink
- 2003 Nickel, M.; Hugemann, W.: Längs- und Querbeschleunigungen im Alltagsverkehr. EVU-Jahrestagung 2003, Zürich
- 2006 Möglichkeiten und Grenzen der Anfahrbeschleunigung von Pkw. EVU-Jahrestagung 2006, Dresden
- 2006 Lange, F.: Anfahrbeschleunigungen. VRR 10/2006 pp. 377 – 382
- 2007 Hugemann: Unfallrekonstruktion Kapitel 2.5 Fahrvorgänge, S. 347 – 368
- 2007 Hugemann: Unfallrekonstruktion Kapitel 2.6 Anhaltswerte für Beschleunigungen, S. 369 – 402
- 2008 GWZ-Tabelle