Geschwindigkeiten bei kreisförmiger Kurvenfahrt – Stabilitäts- und Sicherheitsgrenze: Unterschied zwischen den Versionen

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1982, p. 97 (#5)  
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==Zitat==  
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[[Schimmelpfennig, K.-H.]]; [[Hebing, N.]]: Geschwindigkeiten bei kreisförmiger Kurvenfahrt Stabilitäts- und Sicherheitsgrenze. Der Verkehrsunfall 20 (1982), pp. 97 - 99 (# 5)
[[Schimmelpfennig, K.-H.]]; [[Hebing, N.]]: Geschwindigkeiten bei kreisförmiger Kurvenfahrt – Stabilitäts- und Sicherheitsgrenze. Der Verkehrsunfall 20 (1982), pp. 97 – 99 (#5)


==Inhaltsangabe==
==Inhaltsangabe==
Die Autoren machen darauf aufmerksam, dass der Normalfahrer die Stabilitätsgrenze bei Kurvenfahrt (''critical curve speed'') nicht ausnutzt, weil er es zuvor mit der Angst bekommt. (Nur in Zuffenhausen gibt's kein Muffensausen...) Die Autoren schlagen eine Funktion vor, mit der die maximale Querbeschleunigung abhängig von der Geschwindigkeit beschrieben wird und passen diese an die bislang vorliegenden (spärlichen) Messdaten an.
Die Autoren machen darauf aufmerksam, dass der Normalfahrer die Stabilitätsgrenze bei Kurvenfahrt (''critical curve speed'') nicht ausnutzt, weil er es zuvor mit der Angst bekommt. (Nur in Zuffenhausen gibt's kein Muffensausen...) Die Autoren schlagen eine Funktion vor, mit der die maximale [[Querbeschleunigung]] abhängig von der Geschwindigkeit beschrieben wird und passen diese an die bislang vorliegenden (spärlichen) Messdaten an.


Der Ansatz geht davon aus, dass die akzeptierte Querbeschgleunigung im Bereich 40 ... 60 km/h maximal ist. Im Bereich 0 .. 31,5 km/h soll sie linear von Null ansteigen und bei hohen Fahrgeschwindigkeiten dann beständig abnehmen. Dies wird durch den Ansatz
Der Ansatz geht davon aus, dass die akzeptierte Querbeschleunigung im Bereich 40 ... 60 km/h maximal ist. Im Bereich 0 .. 31,5 km/h soll sie linear von Null ansteigen und bei hohen Fahrgeschwindigkeiten dann beständig abnehmen. Dies wird durch den Ansatz
 
für '''v < 31,5 km/h''':<br>


<math>
<math>
a_q = 0,103 \cdot v
v < 31,5 \textrm{km/h:} \,\, a_q = \textrm{0,103} \cdot v = \frac v {\textrm{9,71 km/h}}
</math>
</math>
<br>
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für '''v > 31,5 km/h''': <br>


<math>
<math>
a_q = \frac {v^2} {157} \cdot exp^{-(\frac {v}{41,3})^{1,5}}
v \ge 31,5 \textrm{km/h:} \,\, a_q = \frac {v^2} {157} \cdot \exp^{-(\frac {v}{41,3})^{1,5}} = \left( \frac {v}  {\textrm {12,53 km/h}} \right)^2 \cdot \exp^{-(\frac {v}{\textrm {41,3 km/h}})^{1,5}}</math>
</math>
<br>


erreicht. Beachte: Es handelt sich um eine zugeschnittene Größengleichung; '''v''' muss hier in '''km/h''' eingesetzt werden!
erreicht. Beachte: Es handelt sich um eine zugeschnittene Größengleichung; <math>v</math> muss in '''km/h''' eingesetzt werden, wie aus der Umformulierung der Originalgleichung (ganz rechts) ersichtlich.


Dieser Denkansatz wird dann [[Bedeutung der Querbeschleunigung in der Verkehrsunfallrekonstruktion - Sicherheitsgrenze des Normalfahrers -|später]] verfeinert und durch eigene Messungen belegt.
Dieser Denkansatz wird dann [[Bedeutung der Querbeschleunigung in der Verkehrsunfallrekonstruktion - Sicherheitsgrenze des Normalfahrers -|später]] verfeinert und durch eigene Messungen belegt.
===Leserbrief===
Zu diesem Beitrag hat [[Prell, G.]] einen Leserbrief verfasst, der in der Novemberausgabe desselben Jahres auf Seite 227 abgedruckt wurde, dessen Stoßrichtung sich [[Benutzer:Whugemann|mir]] allerdings nicht erschließt. Anscheinend kritisiert Prell die angegebene Stabilitätsgrenze, wo doch Schimmelpfennigs Aufsatz gerade herausstellen will, dass diese nicht auf das Fahrverhalten des Normalfahrers anzuwenden ist.


===Kommentar===
===Kommentar===
Im Prinzip ist das sicher richtig, wobei allerdings die Frage ist, ob jeder "Normalfahrer" auch tatsächlich ein solcher ist...
Im Prinzip ist das sicher richtig, wobei allerdings die Frage ist, ob jeder "Normalfahrer" auch tatsächlich ein solcher ist ...


Mathematisch gesehen ist der Ansatz für niedrige Geschwindigkeiten (in Form einer Ursprungsgeraden) nicht zu rechtfertigen: Nur weil die Querbeschleunigung bei v = 0 km/h sicher verschwindet, muss sie für kleine Geschwindigkeiten noch lange nicht kontinierlich gegen Null laufen. Hier wäre sogar eine Unstetigkeit in Betracht zu ziehen, dass nämlich der rechtsseitige Grenzwert lim a_q ( v-> 0) eben nicht Null ist. Dies zeigen auch die später von Nickel durchgeführten Versuche. --[[Benutzer:Whugemann|Whugemann]] 13:25, 17. Jan 2006 (CET)
Mathematisch gesehen ist der Ansatz für niedrige Geschwindigkeiten (in Form einer Ursprungsgeraden) nicht zu rechtfertigen: Nur weil die Querbeschleunigung bei <math>v</math> = 0 km/h verschwindet, muss sie für kleine Geschwindigkeiten noch lange nicht kontinuierlich gegen Null laufen. Hier wäre sogar eine Unstetigkeit in Betracht zu ziehen, dass nämlich der rechtsseitige Grenzwert  
 
<math>\lim_{v \to 0}a_q</math>  
 
eben nicht Null ist. Dies zeigen auch die später von Nickel durchgeführten Versuche. --[[Benutzer:Whugemann|Whugemann]] 13:25, 17. Jan 2006 (CET)


==Weitere Beiträge zum Thema im VuF==  
==Weitere Beiträge zum Thema im VuF==  
* 1985 [[Bedeutung der Querbeschleunigung in der Verkehrsunfallrekonstruktion - Sicherheitsgrenze des Normalfahrers -]]
{{QV:Kurvenbremsung}}
==Weitere Infos zum Thema==
 
*[[Nickel, M.]]: Geschwindigkeitsabhängige Summenhäufigkeiten von Längs- und Querbeschleunigungen für ein Fahrerkollektiv. Diplomarbeit an der FH Köln, 2001. siehe auch [http://www.unfallrekonstruktion.de/body_diplomarbeiten2.htm#Nickel  www.unfallrekonstruktion.de]
 
* [[Nickel, M.]]; [[Hugemann, W.]]: Längs- und Querbeschleunigungen im Alltagsverkehr. EVU Jahrstagung, Zürich, Switzerland, 5. – 6. September 2003. siehe auch http://www.evuonline.org


[[Kategorie:Kurve]]
[[Kategorie:Kurve]]
[[Kategorie:Fahrdynamik]]
[[Kategorie:Fahrdynamik]]

Aktuelle Version vom 10. Juli 2023, 15:16 Uhr

1982, p. 97 (#5)

Zitat

Schimmelpfennig, K.-H.; Hebing, N.: Geschwindigkeiten bei kreisförmiger Kurvenfahrt – Stabilitäts- und Sicherheitsgrenze. Der Verkehrsunfall 20 (1982), pp. 97 – 99 (#5)

Inhaltsangabe

Die Autoren machen darauf aufmerksam, dass der Normalfahrer die Stabilitätsgrenze bei Kurvenfahrt (critical curve speed) nicht ausnutzt, weil er es zuvor mit der Angst bekommt. (Nur in Zuffenhausen gibt's kein Muffensausen...) Die Autoren schlagen eine Funktion vor, mit der die maximale Querbeschleunigung abhängig von der Geschwindigkeit beschrieben wird und passen diese an die bislang vorliegenden (spärlichen) Messdaten an.

Der Ansatz geht davon aus, dass die akzeptierte Querbeschleunigung im Bereich 40 ... 60 km/h maximal ist. Im Bereich 0 .. 31,5 km/h soll sie linear von Null ansteigen und bei hohen Fahrgeschwindigkeiten dann beständig abnehmen. Dies wird durch den Ansatz

[math]\displaystyle{ v \lt 31,5 \textrm{km/h:} \,\, a_q = \textrm{0,103} \cdot v = \frac v {\textrm{9,71 km/h}} }[/math]

[math]\displaystyle{ v \ge 31,5 \textrm{km/h:} \,\, a_q = \frac {v^2} {157} \cdot \exp^{-(\frac {v}{41,3})^{1,5}} = \left( \frac {v} {\textrm {12,53 km/h}} \right)^2 \cdot \exp^{-(\frac {v}{\textrm {41,3 km/h}})^{1,5}} }[/math]

erreicht. Beachte: Es handelt sich um eine zugeschnittene Größengleichung; [math]\displaystyle{ v }[/math] muss in km/h eingesetzt werden, wie aus der Umformulierung der Originalgleichung (ganz rechts) ersichtlich.

Dieser Denkansatz wird dann später verfeinert und durch eigene Messungen belegt.

Leserbrief

Zu diesem Beitrag hat Prell, G. einen Leserbrief verfasst, der in der Novemberausgabe desselben Jahres auf Seite 227 abgedruckt wurde, dessen Stoßrichtung sich mir allerdings nicht erschließt. Anscheinend kritisiert Prell die angegebene Stabilitätsgrenze, wo doch Schimmelpfennigs Aufsatz gerade herausstellen will, dass diese nicht auf das Fahrverhalten des Normalfahrers anzuwenden ist.

Kommentar

Im Prinzip ist das sicher richtig, wobei allerdings die Frage ist, ob jeder "Normalfahrer" auch tatsächlich ein solcher ist ...

Mathematisch gesehen ist der Ansatz für niedrige Geschwindigkeiten (in Form einer Ursprungsgeraden) nicht zu rechtfertigen: Nur weil die Querbeschleunigung bei [math]\displaystyle{ v }[/math] = 0 km/h verschwindet, muss sie für kleine Geschwindigkeiten noch lange nicht kontinuierlich gegen Null laufen. Hier wäre sogar eine Unstetigkeit in Betracht zu ziehen, dass nämlich der rechtsseitige Grenzwert

[math]\displaystyle{ \lim_{v \to 0}a_q }[/math]

eben nicht Null ist. Dies zeigen auch die später von Nickel durchgeführten Versuche. --Whugemann 13:25, 17. Jan 2006 (CET)

Weitere Beiträge zum Thema im VuF

Weitere Infos zum Thema

  • Nackenhorst, U.: Zusammenfassende Darstellung der Detailprobleme zum Überholvorgang. Diplomarbeit an der Fachhochschule Osnabrück, 1984
  • Nickel, M.: Geschwindigkeitsabhängige Summenhäufigkeiten von Längs- und Querbeschleunigungen für ein Fahrerkollektiv. Diplomarbeit an der FH Köln, 2001. Download
  • Nickel, M.; Hugemann, W.: Längs- und Querbeschleunigungen im Alltagsverkehr. EVU-Jahrestagung, Zürich, 2003.
  • Von Glasner, E. C.: Bremsen in der Kurve / Braking in a Turn. IbB-Publication 2010, No. 02/2010