Auswertung der Leuchtspuren in Messfotos

Aus Colliseum
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Problemstellung

Auf Digitalfotos, die bei Geschwindigkeitsmessungen zur Beweissicherung geschossen werden, sind oft dünne Leuchtspuren zu erkennen, die – meist ausgehend von den Scheinwerfen – schräg nach unten übers Foto laufen. Diese Spuren beruhen auf technischen Besonderheiten des CCD-Sensors in der Kamera und man kann sie dazu nutzen, die Geschwindigkeit des fotografierten Fahrzeugs zu bestimmen. Damit lässt sich das Messergebnis unabhängig von der eigentlichen Messung (mittals Radar oder Lidar) überprüfen.

Vitronic verbreitet die unten zitierte Schrift, in der die Auswertung detailliert beschrieben wird. Diese Ausarbeitung wurde offenbar nicht unter "didaktischen" Gesichtspunkten verfasst und unnötig schwer verständlich. Der vorliegende Artikel bemüht sich daher, den Rechengang nachvollziehbarer zu erläutern.

Grundgedanke

Im Winkel, den die Leuchtspuren mit der Vertikalen einschließen, verbirgt sich das Verhältnis von vertikaler Auslesegeschwindigkeit des CCD-Chips und der Horizontalgeschwindigkeit des Leuchtpunkts auf dem Chip. Diese wiederum lässt sich über den Abstand [math]\displaystyle{ r }[/math] des Fahrzeugs zur Kamera und deren Winkel [math]\displaystyle{ \psi }[/math] der Kamera zur Fahrbahn (genauer: zur Bewegungsrichtung des fotografierten Fahrzeugs) in die Geschwindigkeit [math]\displaystyle{ v }[/math] des Fahrzeugs umrechnen.

Der Abstand [math]\displaystyle{ r }[/math] des Fahrzeugs zur Kamera bei Auslösung des Fotos ergibt sich, indem über die Größe (meist: die Breite) [math]\displaystyle{ b }[/math] eines Objekts im Bild und seine tatsächliche Größe [math]\displaystyle{ B }[/math] umrechnet. Dazu wird die Brennweite [math]\displaystyle{ f }[/math] des Objektivs benötigt. Für diese Abstandsbestimmung bietet sich etwa das Kennzeichen an, das bei allen Pkw 50 cm breit ist; man kann jedoch auch ein fahrzeugspezifisches (am besten größeres) Maß verwenden, wie etwa den Abstand der linken und rechten Hauptscheinwerfer.

Die Herleitung geht davon aus, dass sich die Objekte, welche die Leuchtspuren zeichnen, bei der Annäherung genau waagerecht auf dem Bildhorizont bewegen. Das ist in der Praxis nur näherungsweise der Fall, weil die Frontscheinwerfer unterhalb der Objektivhöhe liegen. Außerdem setzt die Herleitung den Winkel [math]\displaystyle{ \psi }[/math] gegenüber der Fahrbahn als bekannt voraus, was so einfach nur bei stationären Anlagen der Fall ist.

Die Brennweiten [math]\displaystyle{ f_1, f_2 }[/math] der jeweils zwei eingesetzten Kameras kann man dem Messprotokoll entnehmen. Welche Kamera das Bild aufgenommen hat, steht in den protokollierten Informationen. Liegen alle Fotos der Messserie vor, ergibt sich diese Information auch aus dem Bildinhalt selbst, indem man mit den übrigen Fotos vergleicht.

Für die Berechnung der Geschwindigkeit [math]\displaystyle{ v }[/math] des Fahrzeug werden also drei Bausteine benötigt:

  • Horizontalgeschwindigkeit des Leuchtpunkts auf dem CCD-Chip (anhand des Winkels)
  • Abstand der Fahrzeugs von der Kamera (aus der Bildgröße eines bekannten Objekts)
  • Seitenabstand des Leuchtpunktes von der Kamera

Berechnung

Fahrzeugabstand und -geschwindigkeit

Der Fahrzeugabstand [math]\displaystyle{ R }[/math] ergibt sich aus der realen Objektgröße [math]\displaystyle{ B }[/math], dessen Bildgröße [math]\displaystyle{ b }[/math] und der Brennweite [math]\displaystyle{ f }[/math]. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Fahrzeugfront von der Kamera unter dem Winkel [math]\displaystyle{ \psi }[/math] gesehen wird, was die scheinbare Breite des Objekts auf [math]\displaystyle{ B \cos \psi }[/math] verkleinert: [math]\displaystyle{ \frac {B \cos \psi} R = \frac b f }[/math] Im Originalmanuskript von Vitronic wird bei allen Bildgrößen noch ein Skalierungsfaktor [math]\displaystyle{ s_y }[/math] eingefügt um von der Bildgröße in Pixel auf eine absolute Größe (in mm, wei bei der Brennweite) zu gelangen. Wir verzichten im Folgenden auf diesen Faktor, indem wir davon ausgehen, dass entweder die Bildgröße [math]\displaystyle{ b }[/math] in mm oder aber die Brenweite [math]\displaystyle{ f }[/math] in Pixel angegeben ist.

Die Umrechnung zwischen der Geschwindigkeit [math]\displaystyle{ V }[/math] einer Leuchtquelle und der Horizontalgeschwindigkeit [math]\displaystyle{ v }[/math] des Leuchtpunktes im Bild [math]\displaystyle{ v_x }[/math] läuft völlig analog: [math]\displaystyle{ \frac {V \cos \varphi} R = \frac {v_x} f }[/math] Der beliebig gewählte Leuchtpunkt hat dabei einen die leicht abweichende Orientierung [math]\displaystyle{ \varphi }[/math] zur Kamera.

Horizontalgeschwindigkeit auf dem Chip

Die Leuchtspur schließt den Winkel [math]\displaystyle{ \alpha }[/math] mit der Vertikalen ein, sodass gilt: [math]\displaystyle{ \tan \alpha = \frac {v_x}{v_y} }[/math] Die Vertikalgeschwindigekit wird typischerweise durch ihren Kehrwert, die Zeilenauslesezeit [math]\displaystyle{ \tau }[/math] beschrieben. Diese beträgt bei der im PSS eingesetzten Kamera 112 µs, was einer Vertikalgeschwindigkeit von 8928,5%nbsp;px/s entspricht. Es gilt also: [math]\displaystyle{ v_x = \tan \alpha / \tau }[/math]