TRRL Laboratory Report 788

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Kemp, R.N.; MRAeS, E.Eng.; Chinn, B.P.; Brock, G.
Articulated vehicle roll stability: methods of assessment and effects of vehicle characteristics
Transport and Road Research Laboratory, Crowthorne, Berkshire 1978
ISSN 0305-1293
55 pages

Inhaltsangabe

Der Report beschreibt die Ergebnisse von Fahr- und Kippversuchen mit Sattelzügen, teilweise Tanksattelzügen. Die Tests umfassen

  • statische Versuche auf Kippplattformen
  • Fahrversuche auf Kreisbahnen mit 20 m, 30 m und 40 m Radius
  • S-Schleife aus zwei 180°-Kehren mit 30 m Radius
  • Durchfahrt durch einen Kreisverkehr mit einer Insel von 20 m Radius
  • Ausweichmanöver ähnlich dem Elchtest, mit 6,5 m Querversatz auf 25 m Länge.

TRRL-788-Tilt test photo.JPG

Es zeigt sich, dass der Radius des Fahrmanövers (und damit der Knickwinkel des Sattelzugs) kaum Einfluss auf die Kippgrenze hat. Die Ergebnisse der Kipptests sind mit denen der Fahrversuche nahezu identisch. Resonanzeffekte traten bei keinem Fahrmanöver auf, sodass die Ergebnisse der quasi-statischen Test repräsentativ sind. Auch bei Tanksattelzügen traten keine seitlichen Schwingungen der Flüssigkeit auf. Dies wurde mit einer Filmkamera bewiesen, die die Oberfläche der Flüssigkeit und ein darüber montiertes Pendel beobachtete: Diese waren bei den Fahrtests stets senkrecht zueinander, wie sich aus der statischen Betrachtung ergibt.

Die Unterschiede in der Fahrgeschwindigkeit zwischen den Konstellationen "alle Räder auf der Fahrbahn" und "Fahrzeug instabil" betrugen bei den Fahrten mit 20 m Radius nur 2 km/h und bei denen mit 40 m Radius nur 4 km/h.

Bei einem Sattelauflieger wurde die Federbasis vergleichsweise von 965 mm auf 1080 mm vergrößert, was die Querbeschleunigung an der Kippgrenze (bei 30 m Radius) aber nur um 0,2 m/s² erhöhte.

In den Versuchen ergibt sich ein deutlicher Differenzwinkel zwischen den Schräglagen von Zugfahrzeug und Auflieger. Die Schräglage des Aufliegers beträgt etwa das Doppelte derjenigen der Zugmaschine. Zwischen Sattelplatte und Sattelkupplung klaffen bei extremer Querbeschleunigung mehr als 10 cm Spalt. Modellrechnungen zeigen, dass es einen stabilisierenden Einfluss hätte, könnte man die Steifigkeit des Sattelgelenks erhöhen.

Die Kippstabilitätsgrenze sämtlicher untersuchter Sattelzüge liegt bei 2,1 – 3,2 m/s².

Die (neuere) ECE-R 111 hingegen fordert Querbeschleunigungen von mindestens 4 m/s2 bzw. einen Kippwinkel auf der Kippbrücke von mindestens 23°!

Anmerkungen

Obwohl der Bericht schon in die Jahre gekommen ist, sind die Ausführlichkeit und der Aufwand der Untersuchung beeindruckend. Obwohl auch die Fahrzeuge aus heutiger Sicht reichlich antiquiert wirken – die vornehmlich britischen Hersteller haben, mit einer Ausnahme, zwischenzeitlich sämtlich aufgegeben – spricht wenig dagegen, diese Studie auch heute noch zu zitieren.

Sprachliche Anmerkungen

Articulated meint eigentlich nur "mit einem Gelenk versehen". Ein articulated bus etwa ist ein Gelenkbus. Demzufolge müsste ein articulated vehicle eigentlich jedes Fahrzeug(gespann) sein, das eine gelenkige Verbindung enthält. Speziell der britische Sprachgebrauch ist jedoch anders, da bezeichnet dieser Begriff einen Sattelzug (vgl. auch wikipedia:Articulated vehicle). Dieser wird umgangssprachlich als artic bezeichnet, während die Amerikaner semi (gesprochen: seem-eye) sagen, was sich von der korrekten Bezeichnung tractor semi-trailer ableitet. (Dort wird semi allerdings "see-me" ausgesprochen...)

Im Report werden zudem die Ausdrücke nearside und offside zur Bezeichnung der Fahrzeugsseiten verwendet, was ebenfalls rein britischer Sprachgebrauch ist: Die nearside ist die dem Bordstein zugewandte Seite, also die Beifahrerseite und im Britischen damit natürlich die linke Seite. Die offside ist demnach die Fahrerseite, also die rechte Fahrzeugseite. Die Amerikaner sagen left side und right side (und blicken dabei in Fahrtrichtung).