Filtern von Beschleunigungssignalen nach SAE J211

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Grundlagen

Die SAE-Vorschrift J211 definiert u.a., wie bei Crashtests aufgezeichnete Signale zu Filtern sind. Sie definiert dazu verschiedenen Chanel Frequency Classes (CFC), die je nach Signaltyp anzuwenden sind. Die CFC ist die -1 dB Grenzfrequenz des Filters, die etwa beim 0,6-Fachen der üblichen Grenzfrequenz (-3 dB) liegt. Die CFC 60 (die z.B. auf Zellenbeschleunigungen angewendet wird) hat also eine Filtergrenzfrequenz von 100 Hz.

Die SAE J211 definiert dabei einen Korridor, in dem die Übertragungsfunktion des Filters verlaufen muss und lässt dabei Filter verschiedener Ordnung zu. Mittlerweile ist es jedoch üblich, Filter 4. Ordnung (24 dB/Oktave) zu verwenden. Heutzutage ist es üblich, die Signale höher abzutasten (>10 kHz) und dann digital je nach CFC nachzufiltern. Die SAE J211 empfiehlt, einen analogen Rückfaltungsschutz (Anti Aliasing Filter) zu verwenden.

Werden Beschleunigungen ax, ay, az zu einer Resultierenden verrechnet, so sind zuerst die Einzelsignale zu filtern und dieses dann quadratisch zu addieren. Die SAE J211 untersagt explizit ein nochmaliges Filtern bereits gefilterter (und dann ggf. verrechneter) Signale. Dies soll verhindern, dass durch die mehrfache Anwendung eines »SAE-Filters« ein Filter höherer Ordnung erzeugt wird, dessen Frequenzgang dann außerhalb der SAE-Spezifikation läge. Diese Vorgabe steht nicht im Widerspruch zur Hintereinanderschaltung zweier Filter zweiter Ordnung, wie sie im nächsten Abschnitt beschrieben wird.

Filtern nach SAE J211 in PC-Crash

Das Filtern von Signalverläufen gemäß SAE J211 ist auch in PC-Crash ab Version 10.1 möglich. Laut Handbuch wird ein phasenkompensiertes Filter Butterworthfilter 4. Ordnung mit 80 dB/Dekade verwendet; das entspricht 24 dB/Oktave, denn 80 = 24 x log10(2). Dei Fitlter-Option ist im Diaglogfeld »Diagramme x-Achse« untergebracht.

Digitale Filterung

Die SAE J211 macht den expliziten Vorschlag, dass Digitalfilter durch "Hintereinanderschaltung" zweier identischer Butterworth-Filtern zweiter Ordnung zu realisieren und beim zweiten Filter die Zeitrichtung umzukehren, um die Phasenverschiebung zu kompensieren. (Entgegen der Darstellung in der Norm ergibt sich durch das Hintereinanderschalten zweier solcher Butterworth-Filter jedoch kein Butterworth-Filter 4. Ordnung.) Das IIR-Filter (Infinite Impulse Response) 2. Ordnung wird durch die Differenzengleichung:

[math]\displaystyle{ y_k = a_0 x_k + a_1 x_{k-1} + a_2 x_{k-2} + b_1 y_{k-1} + b_2 y_{k-2} }[/math]

beschrieben. Die Koeffizienten berechnen sich nach:

[math]\displaystyle{ a_0 = \frac {\omega_a^2} {1 +\sqrt 2 \omega_a + \omega_a^2}\\ a_1 = 2 a_0 \\ a_2= a_0 }[/math]

[math]\displaystyle{ b_1 = \frac {2(1-\omega_a^2)} {1 +\sqrt 2 \omega_a + \omega_a^2}\\ b_2 = -\frac {1 -\sqrt 2 \omega_a + \omega_a^2} {1 +\sqrt 2 \omega_a + \omega_a^2} }[/math]

mit:

[math]\displaystyle{ \omega_d=1.25 \times 2 \pi \frac {CFC} {0.6} \\ \omega_a= \tan \left( \frac {\omega_d T} 2 \right) }[/math]

ωd ist die Grenz(kreis)frequenz der Einzelfilter 2. Ordnung. Die Division durch 0,6 rechnet von der 1-dB-Grenzfrequenz der CFC auf die übliche Grenzfrequenz (-3 dB) hoch. Der Faktor 1,25 setzt die Grenzfrequenz der Einzelfilter herauf, damit deren Absenkung bei der geplanten Grenzfrequenz nur 1,5 dB beträgt. In der Hintereinanderschaltung führen sie dann zur üblichen 3-dB-Grenzfrequenz.

Da das Filter statische Signale nicht verstärken soll, muss:

[math]\displaystyle{ a_0 + a_1 + a_2 + b_1 + b_2 = 1 }[/math]

gelten, was tatsächlich der Fall ist, wie man leicht überprüft, denn der Zähler ist in diesem Fall identisch mit dem Nenner [math]\displaystyle{ {1 +\sqrt 2 \omega_a + \omega_a^2} }[/math].

Umsetzung obigen Formelwerks (samt Umkehr der Zeitrichtung bei der zweiten Filterung zur Kompensation der Phasenverschiebung) in Excel:Datei:SAE J211.zip