Realsimulation und Rekonstruktion von Lkw-Pkw-Kollisionen: Unterschied zwischen den Versionen

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1996, p. 163 (#6) + p. 195 (#7/8)
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{{Intro|Die Methoden der Kollisionsanalyse bei Verkehrsunfall-Rekonstruktionen basieren auf Energie-, Impuls- und Drallsatz. Dabei bilden die miteinander kollidierenden Fahrzeuge das abgeschlossene System, in dem diese drei physikalischen Sätze gelten. Berechtigt ist eine solche Annahme dann, wenn auf das System einwirkende äußere Kräfte im Vergleich zu den im System wirkenden Kräften vernachlässigbar sind. Weiterhin sind die praxisrelevanten Methoden der Verkehrsunfallanalyse auf ebenen Modellvorstellungen aufgebaut: Alle Kräfte wirken in einer Ebene, in der auch sämtliche Bewegungen ablaufen. Fahrzeugkollisionen bei tatsächlichen Verkehrsunfällen entsprechen solchen Ideal-Voraussetzungen nur angenähert. Durch reale Simulationen der Unfälle mit anschließender Rekonstruktion kann geprüft werden, ob die angewandten Verfahren grundsätzlich geeignet sind und ob mit realistischen Parametervariationen ausreichend genaue Resultate erzielt werden können.<br>
Vor diesem Hintergrund wurde im DEKRA-Crash-Zentrum Neumünster eine Versuchsreihe mit Lkw/Pkw-Kollisionen durchgeführt. Dabei stießen 0pel Kadett frontal gegen die vordere rechte
Ecke eines Militär-Lastwagens. Die Längsachsenwinkel der Fahrzeuge betrugen 139 bis 145°, die Kollisionsgeschwindigkeiten der Pkw 29 bis 45 km/h, die des Lkw 15 bis 26 km/h. Schwerpunkte der anschließenden Rekonstruktionen waren Kollisionsanalysen mit dem Impulssatz und EES-Verfahren im Programmsystem DUR (DEKRA-Unfall-Rekonstruktion). Dabei stimmten
die Streubereiche von Ergebnissen und Parametern der Rekonstruktion sehr gut mit entsprechenden, durch rechnergestützte Filmauswertungen ermittelten Versuchsergebnissen überein. Die angewandten Verfahren sind damit grundsätzlich auch für derartige Unfälle validiert. Ausführliche Versuchs- und Rekonstruktions-Dokumentationen veranschaulichen die zeitlichen Abläufe und die Dynamik des Unfallgeschehens. Der Sachverständige hat damit unter anderem weitere Vergleichsmöglichkeiten zur Eingrenzung von EES-Werten anhand umfangreicher und
aussagefähiger Dokumentationen der Fahrzeugbeschädigungen. Darüber hinaus sind die mittleren Verzögerungen der Fahrzeuge zwischen Kollision und Endstand ermittelt worden.}}
==Zitat==  
==Zitat==  
[[Berg, F.A.]]; [[Bühren, W.]]: Realsimulation und Rekonstruktion von Lkw-Pkw-Kollisionen. Verkehrsunfallund Fahrzeugtechnik 34 (1996), pp. 163 - 170 (#6) + pp. 195 - 200 (#7/8)
[[Berg, F.A.]]; [[Bühren, W.]]: Realsimulation und Rekonstruktion von Lkw-Pkw-Kollisionen. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 34 (1996), pp. 163 - 170 (#6) + pp. 195 - 200 (#7/8)


==Inhaltsangabe==
==Inhaltsangabe==
Vier gut aufbereitete Versuche mit winkligen Gegenverkehrskollision Lkw - Pkw. Den Versuchen liegt ein realer Unfall mit einem Militär-Lkw zugrunde (was der Artikel nicht erwähnt), deshalb wird dieser ungewöhnliche Lkw mit großer Aufbauhöhe über Grund verwendet und auch deshalb auch die außergewöhnliche Anstoßkonstellation.
Vier gut aufbereitete Versuche mit winkligen Gegenverkehrskollision Lkw - Pkw. Den Versuchen liegt ein realer Unfall mit einem Militär-Lkw zugrunde (was der Artikel nicht erwähnt), deshalb wird dieser ungewöhnliche Lkw mit großer Aufbauhöhe über Grund verwendet und deshalb auch die außergewöhnliche Anstoßkonstellation.


Im Artikel finden sich auch 2 Bilder eines Off-Set-Crashs mit 50% Überdeckung von einem VW Golf I GTI (m = 833 kg) mit EES = 50..53 km/h.
Im Artikel finden sich auch 2 Bilder eines Off-Set-Crashs mit 50% Überdeckung von einem VW Golf I GTI (m = 833 kg) mit EES = 50...53 km/h.


Der Versuch SH 92.03 ist sehr ausführlich dokumentiert und wird auch nachgerechnet. Zusätzlich wurde sogar ein Crashversuch mit dem Lkw mit v<sub>K</sub> = 2,7...3,7 km/h gegen eine Beton-Barriere unternommen, um dessen EES seriös abschätzen zu können. Da der Crash an die Barriere mit dem Lkw ohne Anhänger durchgeführt wurde, wurde die entsprechende Gleichung für die EES-Berechnung aufgeführt: <br>
Der Versuch SH 92.03 ist sehr ausführlich dokumentiert und wird auch nachgerechnet. Zusätzlich wurde sogar ein Crashversuch mit dem Lkw mit v<sub>K</sub> = 2,7...3,7 km/h gegen eine Beton-Barriere unternommen, um dessen EES seriös abschätzen zu können. Da der Crash an die Barriere mit dem Lkw ohne Anhänger durchgeführt wurde, wurde die entsprechende Gleichung für die [[EES]]-Berechnung aufgeführt: <br>
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|m = 970 kg<br> v<sub>K</sub> = 33 km/h <br> EES = 43...46 km/h
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|m = 7700 kg (+ 1220 kg)<br> v<sub>K</sub> = 20 km/h
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|SH 92.03
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|m = 7700 kg (+ 1220 kg)<br> v<sub>K</sub> = 26 km/h <br> EES = 6...7 km/h <br> a' = 3,4...3,8 m/s<sup>2</sup>
|m = 7700 kg (+ 1220 kg)<br> v<sub>K</sub> = 26 km/h <br> EES = 6...7 km/h <br> a' = 3,4...3,8 m/s<sup>2</sup>
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|SH 92.05
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|m = 955 kg<br> v<sub>K</sub> = 39 km/h
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|m = 7700 kg (+ 1220 kg)<br> v<sub>K</sub> = 24 km/h
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|SH 92.06
|m = 970 kg<br> v<sub>K</sub> = 29 km/h<br> EES = 36...38 km/h
|m = 970 kg<br> v<sub>K</sub> = 29 km/h<br> EES = 36...38 km/h
|m = 7700 kg (+ 1220 kg)<br> v<sub>K</sub> = 15 km/h
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Die Auslaufverzögerung des Lkw-Gespanns lag beim Versuch SH 92.08 (Parameter leider nicht näher erläutert) mit a' = 2,3...2,8 m/s<sup>2</sup> am niedrigsten und beim Versuch SH 92.03 mit a' = 2,3...2,8 m/s<sup>2</sup> am höchsten. Insgesamt lagen die Auslaufverzögerungen des Lkw-Gespanns im Bereich von a' = 2,3...3,8 m/s<sup>2</sup>.
Die Auslaufverzögerung des Lkw-Gespanns lag beim Versuch SH 92.08 (Parameter leider nicht näher erläutert) mit a' = 2,3...2,8 m/s<sup>2</sup> am niedrigsten und beim Versuch SH 92.03 mit a' = 3,4...3,8 m/s<sup>2</sup> am höchsten. Insgesamt lagen die Auslaufverzögerungen des Lkw-Gespanns im Bereich von a' = 2,3...3,8 m/s<sup>2</sup>.


==Weitere Beiträge zum Thema im VuF==  
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==Weitere Infos zum Thema==
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* [http://www.crashanalysis.com/mits.htm US-Webseite mit Unterfahrversuchen]
*[http://www.crashanalysis.com/mits.htm US-Webseite mit Unterfahrversuchen]


[[Kategorie:Crashversuch]]
[[Kategorie:Crashversuch]]

Aktuelle Version vom 18. August 2017, 16:02 Uhr

1996, p. 163 (#6) + p. 195 (#7/8)

Die Methoden der Kollisionsanalyse bei Verkehrsunfall-Rekonstruktionen basieren auf Energie-, Impuls- und Drallsatz. Dabei bilden die miteinander kollidierenden Fahrzeuge das abgeschlossene System, in dem diese drei physikalischen Sätze gelten. Berechtigt ist eine solche Annahme dann, wenn auf das System einwirkende äußere Kräfte im Vergleich zu den im System wirkenden Kräften vernachlässigbar sind. Weiterhin sind die praxisrelevanten Methoden der Verkehrsunfallanalyse auf ebenen Modellvorstellungen aufgebaut: Alle Kräfte wirken in einer Ebene, in der auch sämtliche Bewegungen ablaufen. Fahrzeugkollisionen bei tatsächlichen Verkehrsunfällen entsprechen solchen Ideal-Voraussetzungen nur angenähert. Durch reale Simulationen der Unfälle mit anschließender Rekonstruktion kann geprüft werden, ob die angewandten Verfahren grundsätzlich geeignet sind und ob mit realistischen Parametervariationen ausreichend genaue Resultate erzielt werden können.
Vor diesem Hintergrund wurde im DEKRA-Crash-Zentrum Neumünster eine Versuchsreihe mit Lkw/Pkw-Kollisionen durchgeführt. Dabei stießen 0pel Kadett frontal gegen die vordere rechte Ecke eines Militär-Lastwagens. Die Längsachsenwinkel der Fahrzeuge betrugen 139 bis 145°, die Kollisionsgeschwindigkeiten der Pkw 29 bis 45 km/h, die des Lkw 15 bis 26 km/h. Schwerpunkte der anschließenden Rekonstruktionen waren Kollisionsanalysen mit dem Impulssatz und EES-Verfahren im Programmsystem DUR (DEKRA-Unfall-Rekonstruktion). Dabei stimmten die Streubereiche von Ergebnissen und Parametern der Rekonstruktion sehr gut mit entsprechenden, durch rechnergestützte Filmauswertungen ermittelten Versuchsergebnissen überein. Die angewandten Verfahren sind damit grundsätzlich auch für derartige Unfälle validiert. Ausführliche Versuchs- und Rekonstruktions-Dokumentationen veranschaulichen die zeitlichen Abläufe und die Dynamik des Unfallgeschehens. Der Sachverständige hat damit unter anderem weitere Vergleichsmöglichkeiten zur Eingrenzung von EES-Werten anhand umfangreicher und aussagefähiger Dokumentationen der Fahrzeugbeschädigungen. Darüber hinaus sind die mittleren Verzögerungen der Fahrzeuge zwischen Kollision und Endstand ermittelt worden.


Zitat

Berg, F.A.; Bühren, W.: Realsimulation und Rekonstruktion von Lkw-Pkw-Kollisionen. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 34 (1996), pp. 163 - 170 (#6) + pp. 195 - 200 (#7/8)

Inhaltsangabe

Vier gut aufbereitete Versuche mit winkligen Gegenverkehrskollision Lkw - Pkw. Den Versuchen liegt ein realer Unfall mit einem Militär-Lkw zugrunde (was der Artikel nicht erwähnt), deshalb wird dieser ungewöhnliche Lkw mit großer Aufbauhöhe über Grund verwendet und deshalb auch die außergewöhnliche Anstoßkonstellation.

Im Artikel finden sich auch 2 Bilder eines Off-Set-Crashs mit 50% Überdeckung von einem VW Golf I GTI (m = 833 kg) mit EES = 50...53 km/h.

Der Versuch SH 92.03 ist sehr ausführlich dokumentiert und wird auch nachgerechnet. Zusätzlich wurde sogar ein Crashversuch mit dem Lkw mit vK = 2,7...3,7 km/h gegen eine Beton-Barriere unternommen, um dessen EES seriös abschätzen zu können. Da der Crash an die Barriere mit dem Lkw ohne Anhänger durchgeführt wurde, wurde die entsprechende Gleichung für die EES-Berechnung aufgeführt:

[math]\displaystyle{ EES_{Lkw+Anh} = EES_{Lkw} \cdot \sqrt {\frac {m_{Lkw}}{m_{Lkw+Anh}}} }[/math]

und damit der Korrekturfaktor K zur Bestimmung der tatsächlichen EES des Gespanns zu

[math]\displaystyle{ K = \sqrt {\frac {m_{Lkw}}{m_{Lkw+Anh}}} }[/math]

Oder für die EES-Bestimmung zwischen tatächlichem Fahrzeug (tats) und gecrashtem Fahrzeug (Test):

[math]\displaystyle{ EES_{tats} = EES_{Test} \cdot \sqrt {\frac {m_{Test}}{m_{tats}}} }[/math]

Im zweiten Teil des Artikels finden sich dann die Beschädigungsbilder des Pkw aus sämtlichen Versuchen.

Versuchsparameter

Versuch Opel Kadett D 1.3 MAN 630 L2 AE (+ Anh.) Winkel
SH 92.02 m = 970 kg
vK = 33 km/h
EES = 43...46 km/h
m = 7700 kg (+ 1220 kg)
vK = 20 km/h
142°
SH 92.03 m = 975 kg
vK = 45 km/h
EES = 61...62 km/h
m = 7700 kg (+ 1220 kg)
vK = 26 km/h
EES = 6...7 km/h
a' = 3,4...3,8 m/s2
145°
SH 92.05 m = 955 kg
vK = 39 km/h
m = 7700 kg (+ 1220 kg)
vK = 24 km/h
139°
SH 92.06 m = 970 kg
vK = 29 km/h
EES = 36...38 km/h
m = 7700 kg (+ 1220 kg)
vK = 15 km/h
140°


Die Auslaufverzögerung des Lkw-Gespanns lag beim Versuch SH 92.08 (Parameter leider nicht näher erläutert) mit a' = 2,3...2,8 m/s2 am niedrigsten und beim Versuch SH 92.03 mit a' = 3,4...3,8 m/s2 am höchsten. Insgesamt lagen die Auslaufverzögerungen des Lkw-Gespanns im Bereich von a' = 2,3...3,8 m/s2.

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