Interdisziplinäre Begutachtung von Unfällen und deren Folgen am Beispiel eines Pkw/Baum-Anpralls: Unterschied zwischen den Versionen
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{{Intro|Ein Unfall, bei dem ein Personenwagen frontal mit ca. 20 km/h Geschwindigkeit gegen einen Baum prallte, war Anlaß einer interdisziplinären Begutachtung. Der Beifahrer erlitt eine Nasenbein- und Jochbeinprellung. Wegen anhaltender Störungen der Konzentrations- und Merkfähigkeit begab er sich etwa eine Woche nach dem Unfall in neurologische Behandlung. Hier wurde die Diagnose eines Postcommotions-Syndroms gestellt, die zu einer Arbeitsunfähigkeit von drei Monaten führte.<br> | |||
Die interdisziplinär zu lösende Frage lautete, ob der Beifahrer bei dem Unfall den Sicherheitsgurt angelegt hatte und welche biomechanischen Belastungen auf seinen Körper, insbesondere auf Kopf und Hals, gewirkt haben können. Die medizinische, hier nicht weiter diskutierte Zusatzfrage betraf die Kausalität zwischen den beim Unfall unstrittig erlittenen Verletzungen und den unerwartet langen Klagen über Beschwerden.<br> | |||
Zur Beantwortung der technisch-biomechanischen Fragestellung sind im DEKRA-Crash-Zentrum Neumünster Crash-Versuche durchgeführt worden. Durch zwei Vorversuche gelang es, die tatsächlichen Fahrzeugbeschädigungen hinreichend genau zu reproduzieren und so die Anstoßgeschwindigkeit einzugrenzen. Bei einem der Vorversuche saß ein Hybrid-III-Dummy angegurtet auf dem Beifahrersitz. Beim Hauptversuch saß ein Hybrid-III-Dummy angegurtet auf dem Fahrersitz und ein typgleicher, nicht angegurteter Dummy auf dem Beifahrersitz. Es wurden Beschleunigungen an Kopf, Brust und Becken gemessen, die Kinematik wurde durch rechnergestützte Filmauswertungen analysiert.<br> | |||
Die Interpretation der Dummy-Versuchsergebnisse als Verletzungsprädikatoren erfolgte unter Berücksichtigung bekannter Abweichungen von Mensch und Dummy sowie der Variationsbreite individueller Verletzungstoleranzen.}} | |||
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[[Berg, F.A.]]; [[Schmitt, B.]]; [[Jackenkroll, W.]]; [[Mattern, R.]]; [[Kallieris, D.]]: Interdisziplinäre Begutachtung von Unfällen und deren Folgen am Beispiel eines Pkw/Baum-Anpralls. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 32 (1994), pp. 7 – 14 (#1) | [[Berg, F.A.]]; [[Schmitt, B.]]; [[Jackenkroll, W.]]; [[Mattern, R.]]; [[Kallieris, D.]]: Interdisziplinäre Begutachtung von Unfällen und deren Folgen am Beispiel eines Pkw/Baum-Anpralls. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 32 (1994), pp. 7 – 14 (#1) | ||
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Version vom 20. Februar 2018, 10:02 Uhr
1994, pp. 7 – 14 (#1)
Ein Unfall, bei dem ein Personenwagen frontal mit ca. 20 km/h Geschwindigkeit gegen einen Baum prallte, war Anlaß einer interdisziplinären Begutachtung. Der Beifahrer erlitt eine Nasenbein- und Jochbeinprellung. Wegen anhaltender Störungen der Konzentrations- und Merkfähigkeit begab er sich etwa eine Woche nach dem Unfall in neurologische Behandlung. Hier wurde die Diagnose eines Postcommotions-Syndroms gestellt, die zu einer Arbeitsunfähigkeit von drei Monaten führte.
Die interdisziplinär zu lösende Frage lautete, ob der Beifahrer bei dem Unfall den Sicherheitsgurt angelegt hatte und welche biomechanischen Belastungen auf seinen Körper, insbesondere auf Kopf und Hals, gewirkt haben können. Die medizinische, hier nicht weiter diskutierte Zusatzfrage betraf die Kausalität zwischen den beim Unfall unstrittig erlittenen Verletzungen und den unerwartet langen Klagen über Beschwerden.
Zur Beantwortung der technisch-biomechanischen Fragestellung sind im DEKRA-Crash-Zentrum Neumünster Crash-Versuche durchgeführt worden. Durch zwei Vorversuche gelang es, die tatsächlichen Fahrzeugbeschädigungen hinreichend genau zu reproduzieren und so die Anstoßgeschwindigkeit einzugrenzen. Bei einem der Vorversuche saß ein Hybrid-III-Dummy angegurtet auf dem Beifahrersitz. Beim Hauptversuch saß ein Hybrid-III-Dummy angegurtet auf dem Fahrersitz und ein typgleicher, nicht angegurteter Dummy auf dem Beifahrersitz. Es wurden Beschleunigungen an Kopf, Brust und Becken gemessen, die Kinematik wurde durch rechnergestützte Filmauswertungen analysiert.
Die Interpretation der Dummy-Versuchsergebnisse als Verletzungsprädikatoren erfolgte unter Berücksichtigung bekannter Abweichungen von Mensch und Dummy sowie der Variationsbreite individueller Verletzungstoleranzen.
Zitat
Berg, F.A.; Schmitt, B.; Jackenkroll, W.; Mattern, R.; Kallieris, D.: Interdisziplinäre Begutachtung von Unfällen und deren Folgen am Beispiel eines Pkw/Baum-Anpralls. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 32 (1994), pp. 7 – 14 (#1)
Inhaltsangabe
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