Berechnung der Geschwindigkeit von Automobilen aus den Bremsspuren (GAB): Unterschied zwischen den Versionen

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1970
==Zitat==
==Zitat==
[[Plankensteiner, K.]], Berechnung der '''G'''eschwindigkeit von '''A'''utomobilen aus den '''B'''remsspuren ('''GAB'''), Rechenzentrum Graz, Heft 57 1970 und Heft 65 1971
[[Plankensteiner, K.]]: Berechnung der '''G'''eschwindigkeit von '''A'''utomobilen aus den '''B'''remsspuren ('''GAB'''). Rechenzentrum Graz, Heft 57 1970 und Heft 65 1971
 
==Inhaltsangabe==
==Inhaltsangabe==
1970 gab es noch keine Fahrzeuge mit serienmäßigem ABS, dennoch wurden bei gleichen Bremsausgangsgeschwindigkeiten die Blockierspuren neuerer Fahrzeuge bei Panikbremsungen immer kürzer. Um die sog. ''unsichtbare Bremsstrecke'' bei der Unfallanalye aus den - damals noch ausreichend vorhandenen - Bremsspuren ermitteln zu können, wurde mit dem Computerprogramm '''GAB''' die Veränderung der Raddrücke infolge der durch die Bremskräfte ausgelösten Aufbauschwingungen numerisch ermittelt und beim Vorliegen von (unterschiedlich langen) Bremsspuren der Vorder- und Hinterräder konnte sogar die Intensität der Bremseinleitung und damit der genaue Bremsbeginn errechnet werden.
1970 gab es noch keine Fahrzeuge mit serienmäßigem [[ABS]], dennoch wurden bei gleichen Bremsausgangsgeschwindigkeiten die Blockierspuren neuerer Fahrzeuge bei Panikbremsungen immer kürzer. Um die sog. ''unsichtbare Bremsstrecke'' bei der Unfallanalyse aus den - damals noch ausreichend vorhandenen - Bremsspuren ermitteln zu können, wurde mit dem Computerprogramm '''GAB''' die Veränderung der Raddrücke infolge der durch die Bremskräfte ausgelösten Aufbauschwingungen numerisch ermittelt und beim Vorliegen von (unterschiedlich langen) Bremsspuren der Vorder- und Hinterräder konnte sogar die Intensität der Bremseinleitung und damit der genaue Bremsbeginn errechnet werden.


Auch als Hochschulassistent konnte man zu dieser Zeit das (recht umfangreiche) Lochkartenpaket nur einmal täglich für Berechnungen im Rechenzentrum abgeben und oft erst am nächsten Tag die Ergebnisse abholen, während man von einem Sachverständigen bei Gericht (zumindest damals in Ostösterreich) erwartete, dass er unmittelbar nach dem obligatorischen Ortsaugenschein sein Gutachten ins Protokoll diktiert. Obwohl die 1971 bei VW in Wolfsburg durchgeführten Bremsversuche dem Programm GAB eine Genauigkeit von 0,1 km/h bestätigten, haben gerade diese Versuche die mangelnde Praxistauglichkeit gezeigt. Von den über 30 Parametern für das Computermodell mussten die meisten erst durch aufwändige Messungen ermittelt werden; sie für alle auf dem Markt befindlichen Fahrzeuge in einer Datenbank zu erfassen erschien (damals) aussichtslos.
Auch als Hochschulassistent konnte man zu dieser Zeit das (recht umfangreiche) Lochkartenpaket nur einmal täglich für Berechnungen im Rechenzentrum abgeben und oft erst am nächsten Tag die Ergebnisse abholen, während man von einem Sachverständigen bei Gericht (zumindest damals in Ostösterreich) erwartete, dass er unmittelbar nach dem obligatorischen Ortsaugenschein sein Gutachten ins Protokoll diktiert. Obwohl die 1971 bei VW in Wolfsburg durchgeführten Bremsversuche dem Programm GAB eine Genauigkeit von ± 0,1 km/h bestätigten, haben gerade diese Versuche die mangelnde Praxistauglichkeit gezeigt. Von den über 30 Parametern für das Computermodell mussten die meisten erst durch aufwändige Messungen ermittelt werden; sie für alle auf dem Markt befindlichen Fahrzeuge in einer Datenbank zu erfassen erschien (damals) aussichtslos.


Nach dem beim ''6. Kurs über die Rekonstruktion von Straßenverkehrsunfällen'' in Baden-Baden im März 1972 (abgedruckt unter '''''Der Einfluß der Fahrzeugkonstruktion auf die Länge der unsichtbaren Bremsstrecke bei einer Panikbremsung''''', ''Zentralblatt für Unfall-Untersuchung, Baden-Baden, Bd. 1 Nr. 4/6 1972 '') über die Versuchsergebnisse berichtet worden war, hat sich bei der praktischen forensischen Begutachtung die Berücksichtigung einer Bremsschwellzeit allmählich durchgesetzt.
Nach dem beim ''6. Kurs über die Rekonstruktion von Straßenverkehrsunfällen'' in Baden-Baden im März 1972 (abgedruckt unter '''''Der Einfluß der Fahrzeugkonstruktion auf die Länge der unsichtbaren Bremsstrecke bei einer Panikbremsung''''', ''[[Zentralblatt für Unfalluntersuchung|Zentralblatt für Unfall-Untersuchung]], Baden-Baden, Bd. 1 Nr. 4/6 1972 '') über die Versuchsergebnisse berichtet worden war, hat sich bei der praktischen forensischen Begutachtung die Berücksichtigung einer [[Bremsschwellzeit]] allmählich durchgesetzt.


'''GAB''' ist ein typisches Beispiel für eine wissenschaftlich interessante und für den Benutzer lehrreiche Software, die in der Gerichtspraxis nicht eingesetzt werden kann. Doch die darauf basierenden vereinfachten Schätzmethoden können nur aufgrund (möglichst persönlicher) Erfahrungen mit diesem Programm sinnvoll eingesetzt werden und das trifft auch auf so manche später entwickelte Software zu.
'''GAB''' ist ein typisches Beispiel für eine wissenschaftlich interessante und für den Benutzer lehrreiche Software, die in der Gerichtspraxis nicht eingesetzt werden kann. Doch die darauf basierenden vereinfachten Schätzmethoden können nur aufgrund (möglichst persönlicher) Erfahrungen mit diesem Programm sinnvoll eingesetzt werden und das trifft auch auf so manche später entwickelte Software zu.
==Siehe auch==


[[Kategorie:Bremsen]]
[[Kategorie:Bremsen]]
[[Kategorie:Spuren]]
[[Kategorie:Software]]

Aktuelle Version vom 5. Februar 2019, 18:34 Uhr

1970

Zitat

Plankensteiner, K.: Berechnung der Geschwindigkeit von Automobilen aus den Bremsspuren (GAB). Rechenzentrum Graz, Heft 57 1970 und Heft 65 1971

Inhaltsangabe

1970 gab es noch keine Fahrzeuge mit serienmäßigem ABS, dennoch wurden bei gleichen Bremsausgangsgeschwindigkeiten die Blockierspuren neuerer Fahrzeuge bei Panikbremsungen immer kürzer. Um die sog. unsichtbare Bremsstrecke bei der Unfallanalyse aus den - damals noch ausreichend vorhandenen - Bremsspuren ermitteln zu können, wurde mit dem Computerprogramm GAB die Veränderung der Raddrücke infolge der durch die Bremskräfte ausgelösten Aufbauschwingungen numerisch ermittelt und beim Vorliegen von (unterschiedlich langen) Bremsspuren der Vorder- und Hinterräder konnte sogar die Intensität der Bremseinleitung und damit der genaue Bremsbeginn errechnet werden.

Auch als Hochschulassistent konnte man zu dieser Zeit das (recht umfangreiche) Lochkartenpaket nur einmal täglich für Berechnungen im Rechenzentrum abgeben und oft erst am nächsten Tag die Ergebnisse abholen, während man von einem Sachverständigen bei Gericht (zumindest damals in Ostösterreich) erwartete, dass er unmittelbar nach dem obligatorischen Ortsaugenschein sein Gutachten ins Protokoll diktiert. Obwohl die 1971 bei VW in Wolfsburg durchgeführten Bremsversuche dem Programm GAB eine Genauigkeit von ± 0,1 km/h bestätigten, haben gerade diese Versuche die mangelnde Praxistauglichkeit gezeigt. Von den über 30 Parametern für das Computermodell mussten die meisten erst durch aufwändige Messungen ermittelt werden; sie für alle auf dem Markt befindlichen Fahrzeuge in einer Datenbank zu erfassen erschien (damals) aussichtslos.

Nach dem beim 6. Kurs über die Rekonstruktion von Straßenverkehrsunfällen in Baden-Baden im März 1972 (abgedruckt unter Der Einfluß der Fahrzeugkonstruktion auf die Länge der unsichtbaren Bremsstrecke bei einer Panikbremsung, Zentralblatt für Unfall-Untersuchung, Baden-Baden, Bd. 1 Nr. 4/6 1972 ) über die Versuchsergebnisse berichtet worden war, hat sich bei der praktischen forensischen Begutachtung die Berücksichtigung einer Bremsschwellzeit allmählich durchgesetzt.

GAB ist ein typisches Beispiel für eine wissenschaftlich interessante und für den Benutzer lehrreiche Software, die in der Gerichtspraxis nicht eingesetzt werden kann. Doch die darauf basierenden vereinfachten Schätzmethoden können nur aufgrund (möglichst persönlicher) Erfahrungen mit diesem Programm sinnvoll eingesetzt werden und das trifft auch auf so manche später entwickelte Software zu.

Siehe auch