AZ: 11 W 35/00

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Sachverständiger Zeuge oder Sachverständiger

OLG Karlsruhe, 17.04.2000 (AZ: 11 W 35/00)

Leitsatz der Entscheidung:

Wird der Sachverständige als Zeuge geladen, im Verhandlungstermin aber nicht über seine früheren Tatsachenfeststellungen vernommen, sondern auch zu einer stachverständigen Wertung veranlasst, ist er für seine gesamte Teilnahme am Verhandlungstermin als Sachverständiger zu entschädigen.

Gründe:

Die nach § 6 Abs. 2 ZSEG zulässige Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und derFeststellung, dass der Beschwerdeführer für seine Teilnahme am Verhandlungstermin vom 30.11.1999 als Sachverständiger zu entschädigen ist. Für die Frage der Entschädigung als Zeuge oder Sachverständiger kommt es nicht auf die Bezeichnung in der Ladungsverfügung an. Lautet eine soche Bezeichnung auf Zeugeneigenschaft (hier: sachverständiger Zeuge), wird der Betreffende dann aber im Verhandlungstermin nicht nur über seine früheren Tatsachenfeststellungen vernommen, sondern auch zu einer sachverständigen Wertung veranlasst, zieht er mithin aufgrund seines Fachwissens Schlüsse, so wirderals Sachverständiger tätig und ist auch als solcher zu entschädigen (ständige obergerichtliche Rechtsprechung, vgl. OLG Köln MDR 1993, 391 m.w.N.). Hierfür ist es unerheblich,ob er seine schlussfolgernden Wertungen auf Befragen des Gerichts oder eines anderen Verfahrensbeteiligten dargelegt hat (OLG Köln a.a.O. Seite 392 m.w.N.). Vorliegend sollte der Beschwerdeführer ausweislich der Ladungsverfügung (AS. 61) zu der Behauptung der Beklagten gehört werden, der Kläger sei zum Unfallzeitpunkt ohne Licht gefahren und habe die zulässige Geschwindigkeit um 27 km/h überschritten. Bereits das erste Beweisthema zielt nicht nur auf die Wiedergabe von Befundtatsachen, sondern darüber hinaus auf deren sachverständige Bewertung. Das zweite Beweisthema ist eine reine Sachverständigenfrage, da der Beschwerdeführer anhand der von der Polizei festgestellten Unfallspuren sowie der Beschädigungen der Fahrzeuge Berechnungen anstellen musste, um die Ausgangsgeschwindigkeit zu ermitteln. Im Verhandlungstermin vom 30.11.1999 wurde der Beschwerdeführer dann ausweislich des Sitzungsprotokolls (AS. 78-81) ganz überwiegend zu den Schlussfolgerungen vernommen, zu denen er aufgrund seines Fachwissens gelangt ist. Ob dies überwiegend auf Fragen der Parteivertreter zurückzuführen ist, ist für die Frage der Entschädigung des Beschwerdeführers ohne Belang. Der Beschwerdeführer wurde insoweit als Sachverständiger vernommen. Da eine getrennte Entschädigung für die dauer der Vernehmung als Sachverständiger und für die Vernehmung als Zeuge icht nur tatsächlich kaum durchführbar, sondern auch sachlich nicht gerechtfertigt ist (OLG Köln a.a.O.; Hartmann, Kostengesetze, 29. Auflage, § 2 ZSEG Rdnr. 4 m.w.N.), ist der Beschwerdeführer für seine gesamte Teilnahme am Verhandlungstermin vom 30.11.1999 als Sachverständiger zu entschädigen. Die Festsetzung der Entschädigung im einzelnen bleibt dem Landgericht überlassen (§ 575 ZPO). Die Entscheidung ergeht geührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 16 Abs. 5 ZSEG).