Zusammenhang zwischen EES und Geschwindigkeitsänderung von Unfallfahrzeugen unter Berücksichtigung des k-Faktors und der Deformationstiefen ohne Abgleiten

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2002, pp. 339 – 341 (#12)

Bei der Berechnung von Kollisionsgeschwindigkeiten wird die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung häufig zur Ermittlung der Kollisionsgeschwindigkeit herangezogen. Die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung kann dabei aus der EES (Energie-Equivalent-Speed) abgeleitet werden. Im Beitrag wird der Zusammenhang zwischen EES und Geschwindigkeitsänderung unter Berücksichtigung des k-Faktors, der Unfallmassen, der Federraten beziehungsweise Steifigkeitskoeffizienten der Kollisionspartner und auch der Deformationstiefen bestimmt. Es wird darauf verwiesen, dass die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung eine vektorielle Größe ist, die nur bei einem geraden zentrischen Stoß linear zur Auslaufgeschwindigkeit addiert werden darf, um die Kollisionsgeschwindigkeiten zu erhalten.


Zitat

Plank, J.: Zusammenhang zwischen EES und Geschwindigkeitsänderung von Unfallfahrzeugen unter Berücksichtigung des k-Faktors und der Deformationstiefen ohne Abgleiten. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 40 (2002), pp. 339 – 341 (#12)

Inhaltsangabe

Wer sich von diesem Beitrag neue Erkenntnisse zum EES-Verfahren erwartet wird enttäuscht sein. Die mathematischen Ableitungen für den eindimensionalen Punktstoß können wohl nur als Einführung in die Stoßmechanik für die HTL-Pinkafeld bestimmt sein, doch hoffentlich glauben deren Absolventen nicht, dass dieses Basiswissen für die Rekonstruktion von Verkehrsunfällen ausreichend ist. Denn das verwendete Modell mit zwei Federkonstanten für die Stoßpartner ist zwar recht anschaulich (wenn auch für die Stoßmechanik entbehrlich) aber weitab von den realen Kraftverläufen bei Fahrzeugstößen, wie die in einem Beitrag bereits 1972 aufgezeigten Messergebnisse zeigen. Die von vielen Vorautoren übernommene Definition des EES als das Maß für die verbleibende Verformungsarbeit (s. auch die Anmerkung) sind ein weiteres Indiz dafür, dass der Autor keine persönlichen Erfahrungen mit der Messtechnik bei Crashversuchen besitzt.

Im Beitrag hergeleitete Formel zur Energieaufteilung auf die Fahrzeuge i und j in Abhängigkeit der Massen, der Verformungswege und des Stoßfaktors bei linearen Deformationskennlinien für k ≠ 1:

[math]\displaystyle{ \frac {c_i + c_j}{c_j} = \frac {s_i + s_j}{s_i} }[/math]

[math]\displaystyle{ EES_i = \frac {\Delta v_i}{\sqrt {\frac{m_j}{m_i + m_j} \, \, \frac{s_i + s_j}{s_j} \, \, \frac {1 + k}{1 - k}}} }[/math]


Vgl. hierzu auch Planks Beitrag aus 1985 zum Thema: damals hatte der Autor auf die Federraten ohne Stoßfaktor und Verformungen abgestellt.

Kommentar

Der Autor hatte schon 1985 im Beitrag "Zusammenhang zwischen EES und Geschwindigkeitsänderung von Unfallfahrzeugen" dasselbe Thema behandelt, damals wurde aber nur der plastische Stoß untersucht womit das EES gleich dem EBS, also der bis zum Ende der ersten Stoßperiode umgewandelten Deformationsenergie, wird. Damit wird offenkundig was mit der unscharfen Definition der EES bei der "Taufe" im Beitrag "EES - Ein Hilfsmittel zur Unfallrekonstruktion und dessen Auswirkungen auf die Unfallforschung" im Jahre 1980 angerichtet worden ist.

Der Vergleich der beiden Aufsätze ist in mehrfacher Hinsicht ein gutes Lehrbeispiel, vor allem für Neueinsteiger. Durch die Beschränkung auf den zentrischen Punktstoß ist das Gleichungssystem noch einigermaßen überschaubar und die (im VuF leider nur selten anzutreffende) Definitionstabelle für die verwendeten Formelzeichen erleichtert das Nachvollziehen der Ableitungen. Durch die Einbeziehung der "Federraten" [math]\displaystyle{ {c_1}, {c_2} }[/math] (oder Federkonstanten) ist klar, dass der Autor von einem Modell ausgeht, bei dem die Energieaufnahme der beiden Stoßpartner über die gesamte Stoßdauer hinweg in einem konstanten Verhältnis zueinander steht, also auch in der Phase der teilelastischen Rückverformung.

Durch diese weitab von den realen Verhältnissen beim Fahrzeugstoß (s. auch) gelegene Modellannahme wird mit dem aus dem Impulssatz abgeleiteten Stoßfaktor k auch für die Energiebetrachtung das Auslangen gefunden, obwohl in der Praxis der Anteil der Rückverformung der Stoßpartner ganz erheblich unterschiedlich sein kann. Es dürfen daher bei diesem Modell auch nicht die bei (vergleichbaren) Crashversuchen aus den Messwerten errechneten Stoßfaktoren (sofern sie in den veröffentlichten Crashdaten überhaupt angegeben sind) als Schätzwerte verwendet werden. Wenn der konkrete Stoßfaktor aber nicht aus anderen Spuren eruierbar ist kann das EES-Verfahren bei der vom Autor in der zweiten Veröffentlichung verwendeten Definition des EES nicht mehr (exakt) angewendet werden, während es bei der Definition EES = EBS, also der bis zum Ende der ersten Stoßperiode aufgenommenen Deformationsenergie, unabhängig von der Größe des Stoßfaktors immer angewendet werden kann.

Das Beispiel zeigt daher recht deutlich, wie durch die Hinzunahme weiterer Modellfaktoren und einer entsprechend aufwändigeren Mathematik eine Verminderung der praktischen Anwendungsmöglichkeiten erreicht wird, - In Analogie zur Heisenbergschen Unschärferelation könnte man daher auch von einer Unschärferelation des EES-Verfahrens sprechen, meint

Plankensteiner

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