Theoretische Auffassung von Aufbau und Eigenschaften der Stoßzahl GEV

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2001, pp. 177 – 181 (#6), pp. 251 – 254 (#9), pp. 304 – 310 (#11)

Zitat

Rábek, V.; Sachl, J.: Theoretische Auffassung von Aufbau und Eigenschaften der Stoßzahl GEV. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 39 (2001), pp. 177 – 181 (#6), pp. 251 – 254 (#9), pp. 304 – 310 (#11)

Inhaltsangabe

Sehr umfangreiche theoretische Betrachtungen zum Kontrollparameter GEV (Geschwindigkeitsverhältnis). Dieser ist als Kennwert für das Abgleiten bei der Kollision zu betrachten. Sowohl Burg als auch Gratzer geben folgende Größenordnungen bzw. Anhaltswerte für Kollisionen und GEV in den Handbüchern Carat bzw. Analyzer Pro vor:

  • Kollision ohne Abgleiten: 0,9 < GEV < 1,2
  • Kollision mit beginnendem Abgleiten: 0,75 < GEV < 0,9
  • Kollision mit deutlichem Abgleiten: GEV < 0,75

Burg definiert die Kontrollzahl GEV wie folgt:

[math]\displaystyle{ GEV = \frac {\Delta v} {EES*} }[/math]

mit

[math]\displaystyle{ \frac {EES_1} {EES_2} = \frac {m_2}{m_1} }[/math] ... aktives Approximationsverhältnis für die Teilung der Deformationsenergie (nach Gleichung 52 in diesem Aufsatz)

(s. auch das Kommentar zum GEV)


In Rekonstruktionsprogrammen Carat und Analyzer Pro wird bei Werten GEV < 0,85 die Kollisionsdauer nicht mehr automatisch berechnet. Diese muß manuell vom Anwender aus der Simulation ermittelt werden. Dabei muss während der Simulation beobachtet werden, wie lange sich die Fahrzeuge berühren.

Kommentar

Bereits nach der ausführlichen Einleitung erwartet den Leser eine ganze Seite mit Gleichungen, von denen es insgesamt 93 Stück in diesem Aufsatz gibt, mit a,b,c oder x,y bezeichnete Varianten sind darin noch nicht mitgezählt. Nachdem es keine übersichtliche Tabelle mit einer Definition der verwendeten Formelzeichen gibt ist das Lesen für all jene erschwert, welche im Wandel der Zeit mit anderen Modebezeichnungen aufgewachsen sind oder in Zukunft noch aufwachsen werden. – Vermutlich hat der (erste) Rezensent der Inhaltsangabe deshalb auch die wichtigsten Gleichungen aus einer anderen Quelle zitiert...

Es lohnt sich trotz der oben aufgezeigten Hürden den Aufsatz näher zu studieren, weil die Ausführungen der beiden Autoren auf ein grundsätzliches Problem der Computer unterstützten Stoßrekonstruktion hinweisen. In den Programmen Carat und PC-Crash wird die Arbeitsteilung, also die Aufteilung der Stoßenergie auf die beiden Fahrzeuge als Schätzwert vorgegeben, wobei im Programm Carat die von den Autoren Aktives approximatives Verhältnis bezeichnete Annahme verwendet wird (s.a. Kommentar zur GEV) während bei PC-Crash schon etwas realistischer nach den Deformationstiefen geteilt wird. - Doch wo findet man diese Deformationstiefen in der Praxis? Die stets räumlich geformten Deformationszonen ermöglichen auch am Wrack keine eindeutige Messung einer Deformationstiefe, ganz abgesehen davon, dass dem Sachverständigen im Gerichtsverfahren bestenfalls Fotos der Deformationen vorliegen, die nur in seltenen Ausnahmefällen auch fotogrammetrisch ausgewertet werden!

Die Approximation oder Näherungsvorgabe in den Programmen betrifft aber nicht nur die Arbeitsteilung der Stoßpartner, auch die Schwerpunktslagen oder die Trägheitsradien (s.auch hier) sind nur mit einem sehr großen Aufwand messbar, weshalb für sie nur sehr vage Schätzunterlagen existieren. Als Programmierer ist man daher geneigt, Näherungslösungen aus anderen leichter zu beschaffenden Parametern zu berücksichtigen, doch die wenigsten Programmbenutzer sind sich der damit verbundenen Einschränkung der Anwendbarkeit des verwendeten Rechenmodells und damit der Software bewusst. – Je komfortabler eine Software dem User die Denkarbeit beim Schätzen der Parameter abnimmt, desto kleiner ist der Anwendungsbereich, und genau darin liegt das Hauptproblem bei der Computer unterstützten Stoßrekonstruktion, wie sie Slibar bereits 1978 in seiner Kritik am EES-Verfahren vorhergesehen hat.

Plankensteiner

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