Pro schadenhöhenabhängiges und contra aufwandsabhängiges Sachverständigenhonorar

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2008, pp. 65 – 68 (#2)

Im März 2007 erschien in VKU der Aufsatz "Das aufwandsabhängige Sachverständigenhonorar bei Gutachten zu Kfz-Schäden" von Isabell Dröfke und Helmut Zeisberger. Der dort von Dekra vertretenen Auffassung, künftig sollten Schadengutachten nach Zeitaufwand abgerechnet werden, widerspricht der Autor. Vielmehr spreche nach Erfahrungen des Ingenieurbüros Hoppe und Ganter weiterhin nahezu alles dafür, bei der Abrechnung nach Schadenhöhe zu bleiben.


In favour of fees based on the cost of damage and against time-based fees
The March 2007 issue of VKU included an article entitled „Time-based fees for accident assessors for the assessment of vehicle damage“ by Isabell Dröfke and Helmut Zeisberger. The view expressed in this Dekra article – that the fees for accident assessments should in future be calculated on the basis of the time required – is dismissed by the author. According to experience gained by engineering consultants Hoppe and Ganter, almost everything speaks in favour of continuing to calculate fees on the basis of the cost of the damage.

Zitat

Hoppe, A.: Pro schadenhöhenabhängiges und contra aufwandsabhängiges Sachverständigenhonorar. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 46 (2008), pp. 65 – 68 (#2).

Inhaltsangabe

Der Artikel beschreibt die gegenteilige Auffassung zum Artikel aus Heft 3/2007. Die Diskussion und die angeführten "Argumente" gehen aber letztlich um des Kaisers Bart.

Ganz pragmatisch betrachtet: Egal, nach welcher Methode abgerechnet wird – das Büro muss unter dem Strich schwarze Zahlen schreiben wie jedes andere Unternehmen auch! Hinter jeder Abrechnungsmethode einer Organisation oder eines Büros sollte eine Kalkulation der eigenen Kosten stecken. Diese Kosten müssen eben (zumindest) gedeckt werden, gleich ob nach Schadenhöhe oder nach Zeitaufwand abgerechnet wird.

Und spätestens im Zivilprozess muss nach dem derzeit gültigen JVEG – auch durch den Schadensachverständigen – nach Zeitaufwand abgerechnet werden. Welche Abrechnungsart bei Schadengutachten die ehrlichere, praktikablere und durchsetzungsfähigste sein wird, wird die Zukunft weisen. //M. Hege

Kommentar

Die Berechnung eines Honorars nach Stundenaufwand ist als Grundlage durchaus passend und nachvollziehbar. Die in der jüngsten Zeit von einigen Versicherern angestoßene Debatte über nicht „nachvollziehbare“ Honorare bei Pauschalberechnungen, wie bisher im Schadengutachten praktiziert, führte zu empfindlichen Kürzungen und ersten gerichtlichen Auseinandersetzungen. Gerade hier obsiegte oftmals der Sachverständige, nachdem der Üblichkeit einer derartigen Honorarberechnung der Vorzug gegeben wurde. Wie lange noch? Die DEKRA und wohl auch schon andere Kollegen aus dem Sachverständigenkreis erkannte, dass es eigenartig anmutet, wenn der Sachverständige in seiner Eigenschaft einerseits eine pauschale Vergütung anstrebt, andererseits – sicher auch durch die Honorargestaltung bei Gericht – der Stundenberechnung den Vorzug gibt. Die aufwandsbezogene Honorierung ist auch bei Gutachten zu Plausibilitätsfragen erforderlich, da nur dadurch ein angemessenes Salär erreicht wird. Gerade wenn es um Schäden geht, die unter 2000,- EUR liegen. Dann mit einer Pauschale zu arbeiten wäre falsch. Also den Aufwand berechnen. Auch wenn neben der Plausibilität fast immer auch der Sachschaden zu prüfen (Vorlage Gutachten oder Kostenvoranschlag) oder zu berechnen ist. Das käme einem normalen Gutachten schon wieder näher. Was ist denn bei Gutachten zu LKW und Sonderfahrzeugen, die nicht mal locker per EDV-Vorlage berechnet werden können?

Was macht denn ein Sachverständiger für ein Gutachten im herkömmlichen Sinn? Die Vielfalt der Fahrzeuge und Modelle und die daraus bedingten Unterschiede in der EDV-Erfassung, die sehr unterschiedlichen Preise für ähnliche Arbeiten und die sehr unterschiedliche Tätigkeit zur Feststellung eines Schadens fordert doch geradewegs die aufwandsbezogene Honorierung. Dabei kann durch einfache, veröffentlichte Beispielrechnungen gezeigt werden, wie die Berechnung im Allgemeinen erfolgt und was den Versicherer und Kunden zu erwarten hat. Diese Transparenz ist immer besser als der Hinweis auf die Schadenhöhe und die dahinter geschaltete Tabelle des Sachverständigen..

Dann nämlich ergibt sich – für die Gestrigen – ein Missverhältnis zu einem Honorar für die Feststellung eines 1500,- EUR Schadens und dem eines 15.000,- EUR Schadens. Beide könnten im Honorar gleichauf liegen. Nicht verständlich für den einen, verständlich aber für den, der sich die Tätigkeiten im Einzelnen vor Augen führt und dann erkennen muss, dass die Zeiten der früheren Berechnung nach pauschaler Abrechnung gezählt werden. Auch die ins Feld geführte Problematik bei der Berechnung eines zusätzlichen Honorars im Falle eines Nachtrages ist kein wirkliches Problem. Schon jetzt berechnen SV-Kollegen den hierbei aufgebrachten Stundenaufwand und nicht etwa die Differenz zum nächsten Honorarsprung gemäß Tabelle

Ein Problem bleibt die Würdigung der vom Sachverständigen unternommenen Arbeiten. Bekannt ist, dass der Versicherer am liebsten eine genaue Kenntnis der Schadenersatzforderung unter Zugrundelegung einer genauen Kalkulation samt bester Lichtbilder haben möchte. Dabei aber sowohl einen Sachverständigen, als auch den Rechtsanwalt am liebsten gar nicht in der Forderung sehen will. Die Tendenz geht ja auch dazu, dass die Werkstatt die Bilder und den Kostenvoranschlag liefert und der billig eingekaufte Sachverständige im Zuge einer schnellen Prüfung seinen „Segen“ zur Schadenhöhe gibt. Die Kosten der Prüfung sind ein Bruchteil der sonst zu erwartenden Kosten. Bislang sind Vorstöße dieser Art noch überschaubar und die Qualität der Sachverständigen bei der Darlegung des Schadens meist besser, als die der Werkstatt. So rettet sich der Sachverständige über seine Daseinsberechtigung, die ich persönlich weiterhin sehe. Bloß mit Einschränkungen. Dazu sollte an einem Strick gezogen und mit Selbstbewusstsein der Vorstoß der Stundenhonorierung voran gebracht werden. Dann nämlich sehen die Versicherer, dass Qualität nötig ist, ihren Preis hat und nur ausreichend von einem kompetenten Sachverständigen erbracht werden kann. Dabei sollte es nicht nur der seriöse SV sein, sondern auch einer, der die Zeichen der Zeit umzusetzen weiss und sich über den Vorstoß des DEKRA in der Weise hinweg setzen kann, dass die Form der Abrechnung als Grundlage heran gezogen und nachvollziehbar dargestellt wird.

Die Spielräume zur Gestaltung sind groß genug, um auch davon leben zu können, was Sinn und Zweck der gutachterlichen Tätigkeit ist, ganz neben der ethischen Beschäftigung mit dem Inhalt der Tätigkeit an sich.

Die vom Autor des Beitrages formulierten Schwierigkeiten bei der Nachvollziehbarkeit der Honorierung, wenn auf Stundenbasis berechnet, erschließt sich aus den genannten Gründen nicht. Nur weil etwa schon lange und wegen der vereinfachten Darstellung es schon lange, gar immer schon so gemacht wurde, ist gerade dann ein Überdenken der Handlungsweise angeraten. Die Zeiten ändern sich und mit ihnen auch die Tätigkeiten und der damit verbundene Aufwand für ein Gutachten. Ich plädiere im Prinzip für die Stundenberechnung. //J.Schueller-07.02.2008

BGH-Urteile

Leitsatz: Nach einem Verkehrsunfall kann grundsätzlich ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB erstattet verlangt werden.
Leitsätze:
BGB § 631: a) Ein Vertrag, nach dem ein Sachverständiger ein Gutachten über die Höhe eines Kraftfahrzeugunfallschadens zu erstellen hat, ist ein Werkvertrag.
BGB § 632 Abs. 2: b) Für die Bemessung der Vergütung des Sachverständigen ist der Inhalt der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung maßgeblich, wobei nach § 632 BGB - in dieser Reihenfolge - ihre tatsächliche Absprache, eine eventuell vorliegende Taxe oder die übliche Vergütung den Inhalt der Vereinbarung bestimmen. Andernfalls ist eine verbleibende Vertragslücke nach den Grundsätzen über die ergänzende Vertragsauslegung zu schließen, für die Gegenstand und Schwierigkeit der Werkleistung und insbesondere die mit dem Vertrag verfolgten Interessen der Parteien von Bedeutung sein können. Nur wenn sich auf diese Weise eine vertraglich festgelegte Vergütung nicht ermitteln lässt, kann zur Ergänzung des Vertrages auf die Vorschriften der §§ 315, 316 BGB zurückgegriffen werden.
BGB § 315 Abs. 1: c) Ein Sachverständiger, der für Routinegutachten eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung seiner Honorare vornimmt, überschreitet die Grenzen des ihm vom Gesetz eingeräumten Gestaltungsspielraums grundsätzlich nicht.
BGB § 286: d) Mit der Rechtskraft des Gestaltungsurteils nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB tritt Verzug des Schuldners ohne weiteres und auch dann ein, wenn das Urteil einen bestimmten Zeitpunkt für die Leistung nicht ausdrücklich festlegt.

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