PC-Crash – Ein Computerprogramm zur Simulation von Verkehrsunfällen

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1993, pp. 215 – 222 (#7/8)

The increased performance of modern personal computers has given the possibility to use highly sophisticated reconstruction or simultation algorithms. Due to the availability of powerfull grafics adapters and MS Windows as graphics oriented operating system it is now possible to reduce the time for understanding a new application to a minimum. As MS Windows guarranties good communication with other applications, it is easy to copy data between different programs. Geometrical information about roads can be imported from CAD systems via DXF-files, or created in PC-Sketch. Photographs or sketches about the accident situation can be imported as scanned Bitmaps. The geometrical Cardata can be overtaken from the EVU-Database. A special database containing the correct shape of the carbody for more than 200 cars is also available. PC-CRASH was designed to reconstruct the real accident-situation. Up to 4 cars can be handled simultaniously. Their drivingbehavior can be simulated based on a twodimensional or threedimensional kinetik model. An unlimited number of collisions between different cars can be included at any point of the simulation. Even driving behavior of a trailer can be checked. PCCRASH was designed as an interactiv working-tool. Data-input, simulation and display of the results is now connected to a single unit.

Zitat

Steffan, H.: PC-Crash – Ein Computerprogramm zur Simulation von Verkehrsunfällen. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 31 (1993), pp. 215 – 222 (#7/8)

Inhaltsangabe

Der Beitrag aus dem Jahre 1993 über das Computerprogramm PC-Crash, ein Simulationsprogramm für Verkehrsunfälle, entspricht vermutlich einer Version 3.xx des 1991 als Diplomarbeit von Wolfgang Neubauer an der TU-Graz vorgestellten Computerprogramms, doch obwohl mittlerweile (2006) bereits die Version 8.0 angeboten wird, findet der Leser hier eine Einführung in die grundlegenden Rechenmodelle dieser vielseitigen Software. Doch nur wer sich bereits mit den diversen Rekonstruktionsverfahren gut auskennt, findet einigermaßen ausreichende Informationen. Eine echte und ausführliche Beschreibung der Rechenmodelle für die Fahr- und Stoßsimulationen sucht man hier (und auch unter den an der TU-Graz aufgezählten Veröffentlichungen des Autors) vergebens. Bei einem (in der Veröffentlichungsliste nicht aufscheinenden) Vortrag beim SAE-Kongress 1996 The Collision and Trajectory Models of PC-CRASH findet man etwas mehr zu den verwendeten Rechenmodellen. Im Internet findet man u.a. diese Beschreibung der Stoßmodelle in PC-Crash aus dem Jahre 2003.

Auch im Bedienungshandbuch einer der zum Beitrag passenden Version 3.0a sind nur vereinzelt Hinweise für die Einschränkungen der Einsetzbarkeit enthalten. Warum es zu Situationen kommen kann (vor allem bei kombiniertem Fahren und Gleiten), wo beide kinetischen Rückwärtssimulationsmodelle versagen, wird dem Benutzer beispielsweise nicht näher erläutert. Ausdrücklich weist aber das Handbuch darauf hin, dass beim Stoß alle auf das Fahrzeug einwirkenden Kräfte, außer der eigentlichen Stoßkraft, vernachlässigbar sein müssen. Und wenn es auch nicht explizit festgeschrieben ist, aus dem Inhalt kann geschlossen werden, dass sich das Stoßmodell auf den Zusammenstoß zweier Fahrzeuge beschränkt, der gleichzeitige Zusammenstoß von drei oder mehr Fahrzeugen, wie er beispielsweise bei Massenunfällen vorkommt, kann daher mit der vorgestellten Version (noch) nicht bearbeitet werden.

Anmerkung

Auf der Homepage von Plankensteiner befindet sich ein Video, das einen zeitlich überlappten Stoß dreier Fahrzeuge zeigt, davon zwei PKW und ein größerer LKW, dessen Reifenkräfte nicht mehr vernachlässigbar klein gegenüber den Stoßkräften sind. Trotzdem hat ein Sachverständiger versucht diesen Fall mit PC-Crash zu lösen und aus dem Scheitern seiner Bemühungen den unrichtigen Schluss gezogen, es könne nicht so, wie auf dem Video zu sehen, gewesen sein! Der PC-Crash-User war also offenkundig nicht über die oben (nur beispielhaft aufgezählten) Einschränkungen der Einsetzbarkeit informiert und hat mit seinem falschen Gutachten vor allem dem Ansehen einer durchaus guten Software Schaden zugefügt. – Irgendwie erinnert dieser Vorfall an Goethes Zauberlehrling, doch wie lautet der Zauberspruch mit dem solche Knechte wieder in ihre Ecke gestellt werden, fragt sich Plankensteiner.

Kommentar zu den Rechenmodellen

Was nützt eine kinetische Simulation mit einem Fahrzeugmodell, dass sogar die elasto-kinetischen Eigenschaften moderner Mehrlenker Achskonstruktionen (oder wie man im Hochschuljargon zu sagen pflegt: die Stellung des Saturns) berücksichtigen kann, wenn der für die Fahrlinie ausschlaggebende Parameter, nämlich der Lenkeinschlag, weder der Messung während der Fahrt noch einer ausreichenden Schätzung zugänglich ist. Wenn man den Lenkeinschlag aber nur über die kinematisch aus den Spuren rekonstruierte Fahrlinie ermitteln kann, wozu dann der Aufwand mit dem kinetischen Modell bei der Unfall-re-konstruktion?

Oberster Grundsatz bei Gericht ist die Nachvollziehbarkeit eines Gutachtens. Dafür reicht aber nicht die Nachrechenbarkeit mit demselben Computerprogramm, es müssen auch die von der Software verwendeten Rechenmodelle auf ihre Eignung für jeden einzelnen Fall (von einem unabhängigen Experten auch mit einer anderen Software) überprüft werden können. Die oben aufgezählten Fundstellen (im Internet) für die Rechenmodelle entsprechen diesen Anforderungen nicht vollständig. Von besonderem Interesse dürfte das konkrete Modell über die Bahnkurven von Fahrzeugen mit Anhängern sein.

Hinweis von G.W. Friedl

Die in meiner Veröffentlichung "Energiebilanz in Unfallanalysen" (Fachzeitschrift "Der Sachverständige" BVS, 1/2009 und 3/2009) beschriebenen Rechenverfahren sind geeignet, die Ergebnisse aus Simulationen zu prüfen. Eine solche Prüfung wurde von mir vor ca 1 Jahr in einem Gerichtsverfahren durchgeführt.

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