Interdisziplinäre Zusammenarbeit bei der Beweissicherung nach Nutzfahrzeug-Fußgänger-Unfällen mit Überfahrung

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1999, pp. 205 – 212 (#7/8)

Nutzfahrzeug-Fußgänger-Unfälle gehen bei Abbiege- oder Anfahrvorgängen auf Grund der meist geringen Anfangsgeschwindigkeit oft mit einem geringen Spurenaufkommen einher, so daß die Unfallanalyse erschwert ist. Deshalb ist eine erfolgreiche Rekonstruktion des Unfalles häufig nur in Zusammenarbeit von gerichtsmedizinischen und technischen Gutachtern möglich. Die Berücksichtigung spezieller Gesichtspunkte durch die Sachverständigen, angefangen bei der Unfallaufnahme und der gerichtsmedizinischen Obduktion bis zur Gutachtenerstellung, hat sich dabei als hilfreich erwiesen.
Bei der Bearbeitung von Nutzfahrzeug-Fußgänger-Unfällen haben die Autoren festgestellt, daß der derzeitig gesetzlich geforderte Ausrüstungsstand von Nutzfahrzeugen mit Spiegeln im Frontbereich nach ihrer Ansicht nicht optimal ist.
So soll der Beitrag neben der Weitervermittlung von Erfahrungen bei der gemeinsamen Analyse von Realunfällen auch Vorschläge für die Erhöhung der Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern unterbreiten.


The accidents between pedestrians and trucks turning off or starting there are often few traces to be found only because of the frequently low starting speed so that accident analysis is made difficult. Therefore a successful reconstruction of the accident can only be achieved by the joint activities of forensic and engineering experts. It has turned out to be very helpful if the experts take into account special aspects from the recording of the accident and the forensic autopsy to the preparation of the expert's reports.
In dealing with truck-pedestrian accidents the authors feel that the degree of equipment of the trucks with mirrors in the front area as is required by current laws is not optimum.
The paper is thus intended to disseminate experience in the joint analysis of actual accidents and in addition make proposals for improving the safety of pedestrians and cyclists.

Zitat

Tschirschwitz, C.; Dreßler, J.; Müller, E.: Interdisziplinäre Zusammenarbeit bei der Beweissicherung nach Nutzfahrzeug-Fußgänger-Unfällen mit Überfahrung. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 37 (1999), pp. 205 – 212 (#7/8)

Inhaltsangabe

Mit "Überfahrung" bezeichnen die Autoren das Überrollen von Fußgängern oder Radfahrern, wie es vor allem beim innerörtlichen Rechtsabbiegen von Lkw häufig vorkommt. Der Beitrag vermittelt eine generelle Einführung in die Rekonstruktion diese Unfalltyps, wobei der Beitrag der Rechtsmediziner (die beiden Koautoren) eher schmal ausfällt.

Aus Sicht des (angehenden) Unfallanalytikers sind die in Bild 7 dargestellten Sichtfelder der Spiegel und ihre Nutzung in PC-Crash (Bild 8) mit am interessanten; sie beziehen sich laut Angaben auf 1,4 m Höhe. Auffällig ist, dass die Sichtfelder der beiden Rückspiegel auf der Beifahrerseite in Fahrzeuglängsrichtung einen recht großen Abstand zum Spiegel aufweisen, wie er speziell für den Weitwinkelspiegel schwer nachzuvollziehen ist. Die Sichtfelder beziehen sich gemäß Angaben auf einen MB 1831, mutmaßlich also das leicht veraltete Einsatzfahrzeug aus Bild 10. Dessen Spiegel entsprechen nicht mehr aktuellen Standards und verfügen zudem wohl noch nicht über Stellmotoren, sodass speziell bei wechselnden Fahrern Fehleinstellungen wahrscheinlich sind.

Von denselben Autoren gibt es eine ähnlich angelegte Veröffentlichung "Interdisziplinäre Zusammenarbeit bei der Beweissicherung und Rekonstruktion von Straßenverkehrsunfällen mit unklarer Sitzposition ".

Ergänzung

Die Ränder der Spiegelsichtfelder sind in Bild 7 (und darauf aufbauend in Bild 8) vereinfachend gradlinig dargestellt. Tatsächlich müssen sie jedoch bei Wölbspiegeln (Konvexspiegel, wie sie heutzutage ausnahmslos verbaut werden) sämtlich leicht "eingezogen" (konkav) sein, wie dies bei der fahrzeugabgewandten Begrenzung des Sichtfelds im Rampenspiegel (in der Veröffentlichung mit "Anfahrspiegel" bezeichnet) korrekt geschieht.

Die geradlinige Begrenzung des Sichtfeldes eines Spiegels muss in der Verlängerung zwangsläufig durch den Spiegel selbst laufen, und zwar aus demselben Grund, aus dem auch die Verlängerung einer Sichtfeldgrenze eines Fensters zum entsprechenden Fensterrahmen führen muss. In Bild 7 führt jedoch die äußere Begrenzung des Sichtfelds des Weitwinkelspiegels weit am entsprechenden Spiegel vorbei. Der Effekt ist nicht durch die fehlende Krümmung der Außenkante dieses Sichtfelds zu erklären, weil diese die Kurve noch weiter am Weitwinkelspiegel vorbei führen würde.

Weitere Beiträge zum Thema im VuF

Weitere Infos zum Thema

Das Fachbuch Unfallrekonstruktion gibt im Kapitel "Der Lkw-Unfall" eine vergleichbare Einführung zu diesem Unfalltyp. Die Verletzungscharakteristik beim Überrollen findet sich dort im Kapitel "Biomechanik des Fußgängerunfalls".