Gespannstabilisierung

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Gespannstabilisierung (GST)

Hintergrund

Gespanne (Zugfahrzeug und z.B. ein Wohnwagen) neigen unter bestimmten Randbedingungen zum Schlingern (auch oft mit Pendeln bezeichnet). Die (aufklingenden) Oszillationsbewegungen um die Hochachsen können bei nicht ausreichender Dämpfung zum Kontrollverlust des Fahrers über das Gespann führen. Früher und auch heute noch werden dagegen sog. Antischlingerkupplungen (ASK) verwendet. Hierbei werden Reibbeläge zwischen Kugelkopf der AHK und Zugkupplung der Anhängerdeichsel gepresst.
Mittlerweile bieten verschiedene Fahrzeughersteller (z.B. BMW im X5 seit 2001) auf Basis von ESC eine erweiterte Funktionalität unter Ausnutzung bereits vorhandener Sensorik an, um derartige kritische Bewegungen zu detektieren und das Gespann mit Bremseingriffen bzw. Motormomentrücknahme zu stabilisieren.

Mögliche Gründe für Instabilitäten:

  • Fahrbahnbedingungen (z.B. Spurrillen, Gefälle)
  • Verkehr
  • Wetterbedingungen (z.B. Seitenwind)
  • Lastverteilung
  • Gewicht
  • Fahrgeschwindigkeit

Mögliche Gegenmaßnahmen sind bspw.[1]:

  • geringeres Gierträgheitsmoment des Anhängers
  • geringe Masse am Hänger
  • am Zugfahrzeug jeweils größere Masse und größeres Gierträgheitsmoment

kritische Geschwindigkeit

Das schwingungsfähige System "Gespann" hat eine sog. kritische Geschwindigkeit vkrit, bei der die Pendelbewegungen gleichmäßig ungedämpft fortgeführt werden (solange die Geschwindigkeit gehalten wird) und oberhalb der die Pendelbewegungen aufklingen, d.h. verstärkt werden, wenn die Geschwindigkeit weiter erhöht wird. Abhängig von Radstand, Deichsellänge, Massen, Gierträgheitsmomenten und den Achsschräglaufsteifigkeiten liegt vkrit zwischen 90 und 130 km/h. Die Frequenz der Pendel- bzw. Schlingerbewegung liegt im Bereich 0,5 ... 1,5 Hz[2][3].

Bezeichnungen

  • Anhängerstabilisierung
  • Anhänger-Stabilitätskontrolle
  • TSP Trailer Stability Program
  • TSM Trailer Sway Mitigation
  • TSA Trailer Stability Assist
  • TSC Trailer Sway Control

Ausstattung ab Werk

Fahrzeuge, bei denen eine AHK ab Werk verbaut ist, sind (ca. seit dem Jahr 2005) mit der erweiterten Funktion ESC-Funktionalität ausgestattet. Wird am Fahrzeug nachträglich eine AHK angebracht, so muss die Zusatzfunktion Gespannstabilisierung auch im entsprechenden Steuergerät (meist "Bremsenelektronik" o.ä.) per Diagnoseinterface erst aktiviert werden.

Nachrüstlösungen

  • ATC (AL-KO Trailer Control)
  • LEAS Universal System

Die Nachrüstlösungen arbeiten mit Sensorik direkt am Anhänger und wirken auf die Bremsanlage des Anhängers.

Siehe auch

  • Sagan, E.: Fahreigenschaften von Pkw-Wohnanhängerzügen — Antrieb, Bremsen, Fahrstabilität und Schwingungen, Dissertation, Braunschweig, 1983/84
  • SAE-Paper 973284 Vehicle Dynamics Control for Commercial Vehicle
  • Fischer, G.; Heyken, R.; Trächtler, A.: Aktive Gespannstabilisierung beim BMW X 5. Eine Weiterentwicklung der Fahrdynamikregelung DSC. ATZ 104 (2002), pp. 330 – 339 (#4), Link
  • https://www.youtube.com/watch?v=LJMxeJSdmt4
  • Auflaufbremse

Beiträge zum Thema im VuF

Patente

Einzelnachweise

  1. Heißing, B. (Hrsg.): Fahrwerkhandbuch: Grundlagen · Fahrdynamik · Komponenten · Systeme · Mechatronik · Perspektiven. Springer Vieweg, 2013, 4. überarb. u. erg. Auflage, S. 152, ISBN 978-3658019914
  2. Krämer, M. (Hrsg.): Die neue C-Klasse von Mercedes-Benz. Entwicklung und Technik. 1. Auflage Mai 2007, ISBN 978-3-8348-0320-7
  3. Offenlegungsschrift DE10031266A1: https://register.dpma.de/DPMAregister/pat/PatSchrifteneinsicht?docId=DE10031266A1