Entwicklung eines hochauflösenden, dreidimensionalen Energy Equivalent Speed (EES)-Modells für Pkw, Teil 1 – Modellentwicklung

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59 (2021), pp. 296 – 303 (#9)
Teil 2: 2021, p. 340 (#10)
Teil 3: 2021, p. 392 (#11)


Bisher wird die Energy Equivalent Speed (EES) basierend auf Schätzungen und Vergleichen ermittelt. Dies verursacht jedoch große Unsicherheiten, die sich auf die gesamte Unfallrekonstruktion auswirken. Auf Grundlage der GIDAS Unfalldatenbank erfolgte die Entwicklung eines Modells zur Berechnung der EES. Dazu wurden die in der Unfallrekonstruktion der GIDAS geschätzten EES-Werte als Maß für die Deformationsenergie genutzt und anschließend über die während des Unfalls deformierte Fahrzeugstruktur verteilt. Aus der Überlagerung vieler solcher Teilmodelle entstand das Energy Equivalent Speed (EES)-Modell eines Pkw. Dieses Modell ist in der Lage, weiche und steife Bereiche eines Pkw dreidimensional abzubilden. Zudem kann das Modell mithilfe gegebener Deformationen valide die dazugehörige EES berechnen.


Development of a high-resolution, three-dimensional Energy Equivalent Speed (EES) model for passenger cars, Part 1 – Model development
Up to now, the energy equivalent speed (EES) is determined based on estimations and comparisons. The resulting uncertainty affects the entire accident reconstruction. Therefore, an EES calculation model based on the GIDAS accident database was developed. In the development process, the EES estimated in GIDAS was used as a measure of deformation energy and distributed among the deformed vehicle structure. The superimposition of all sub-models lead to the total energy equivalent speed (EES) model of a passenger car. This model can give a three-dimensional representation of soft and rigid structures of a car. In addition, the Model is able to calculate the correct EES of a passenger car based on given deformations.


Zitat

Breitlauch, P.; Erbsmehl, C.: Entwicklung eines hochauflösenden, dreidimensionalen Energy Equivalent Speed (EES)-Modells für Pkw, Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 59 (2021), pp. 296 – 303 (#9), pp. 340 – 347 (#10), pp. 392 – 400 (#11)

Inhaltsangabe

Im ersten Teil des Beitrags geht es um die Grundlagen des Ansatzes, also darum, wie man ein Modell entwickelt, dass aus dem kollisionsbedingt deformierten Volumen die EES berechnet.

Anmerkungen

Die mathematische Formulierung des Denkansatzes ist meines Erachtens anhand des Textes nicht zu verstehen. In Kenntnis von Erbsmehls Dissertation lässt sich Folgendes rekonstruieren:

Grundlegendes

Die Deformation breitet sich bei der – zeitlich aufgelösten – Kollision im Voxel-Modell des Fahrzeugs aus, bis nach n Zeitschritten das endgültige Deformationsvolumen erreicht ist. In jedem Zeitschritt i wird die Energie Ei absorbiert, und es gilt

[math]\displaystyle{ E = \frac 1 2 m v_e^2 = \sum_{i=1}^n E_i }[/math]

Im jedem Zeitschritt i ist eine bestimmte Anzahl ki von Voxeln beteiligt, sodass sich die Gesamtzahl N der involvierten Voxel aus

[math]\displaystyle{ N = \sum_{i=1}^n k_i }[/math]

ergibt. Die im Zeitschritt i involvierten ki Voxel nehmen alle dieselbe Energiemenge ei auf

[math]\displaystyle{ E_i = k_i \, e_i }[/math]

Die Gesamttenergie ergibt sich damit aus

[math]\displaystyle{ E = \sum_{i=1}^n E_i = \sum_{i=1}^n k_i \, e_i }[/math]

Mit zunehmender Eindringtiefe si nimmt die absorbierte Energie quadratisch zu (Federmodell)

[math]\displaystyle{ e_i = c \, s_i^2 }[/math]

also

[math]\displaystyle{ E = \sum_{i=1}^n E_i = \sum_{i=1}^n k_i \, e_i = c \sum_{i=1}^n k_i \, s_i^2 }[/math]

woraus sich die Federrate zu

[math]\displaystyle{ c = \frac E {\sum_{i=1}^n k_i \, s_i^2} }[/math]

ergäbe. Damit wäre die Federrate allerdings von der Gesamtzahl der involvierten Voxel abhängig, sozusagen von der »Granularität« des Modells. Insofern ist es sinnvoll, sie auf die Gesamtzahl der involvierten Voxel N zu normieren

[math]\displaystyle{ c = c' / N }[/math]

sodass sich

[math]\displaystyle{ c' = \frac {N E} {\sum_{i=1}^n k_i \, s_i^2} }[/math]

ergibt, bzw. mit dem Anteil bi der im Zeitschritt i involvierten Voxel an der Gesamtzahl der involvierten Voxel

[math]\displaystyle{ b_i = k_i / N }[/math]

dann

[math]\displaystyle{ c' = \frac E {\sum_{i=1}^n b_i \, s_i^2} }[/math]

Um das Ganze von der Gesamtmasse des Fahrzeugs zu entkoppeln, sollte man E durch die EES ersetzen. Den Faktor 2 (bzw. 1/2) können wir dabei gleich in die Neudefinition übernehmen:

[math]\displaystyle{ c'' = \frac {v_e^2} {\sum_{i=1}^n b_i \, s_i^2} }[/math]

Kraftrichtung

Die (auch volumenspezifische) Energieaufnahme hängt von der Kraftrichtung ab, sodass es die über die letzte Gleichung berechnete Federrate spezifisch für eine bestimmte Belastungsrichtung ist. Die Veröffentlichung unterscheidet deshalb zwölf Kraftrichtungen (nach dem Uhrzeigersystem), wobei die meist vorhandene Längsachsensymmetrie des Pkw anscheinend nicht ausgenutzt wird.

Beiträge zum Thema im VuF

Siehe auch

Erbsmehl, C.: Ein neues 3-dimensionales Energy Equivalent Speed (EES)-Modell für Fahrzeuge basierend auf Unfalldaten. Dissertation an der Der Fakultät für Maschinenwesen der Technischen Universität Dresden 2013

Europäische Patentschrift: Verfahren zur Modellierung einer Kollision zweier Kraftfahrzeuge EP20211068