Entwicklung einer Methodik zur Ableitung der Unfallschwere realer Verkehrsunfälle auf Basis von Standard-Crashtests

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2017, p. 302 (#9)

Eine anerkannte Methode zur Ermittlung der Unfallschwere eines Fahrzeugs aufgrund eines Verkehrsunfalls ist die Energy Equivalent Speed (EES). Dabei wird die kollisionsbedingte Fahrzeugdeformation bewertet und die nötige Geschwindigkeit bestimmt, mit der ein Vergleichsfahrzeug auf ein starres, unverformbares Hindernis treffen müsste, um die gleiche Deformation zu erfahren. Diese Geschwindigkeit ist äquivalent zur Deformation des Fahrzeugs. Bei Standard-Crashtests sind Messdaten sowie Bild- und Videomaterial der Fahrzeugversuche vorhanden. Dieser Aufsatz basiert auf einer Diplomarbeit des Autors an der Hochschule für angewandte Wissenschaften München, Fakultät für Maschinenbau, Fahrzeugtechnik, Flugzeugtechnik, Fachrichtung Sachverständigenwesen, bei der Crashversuche mit Frontalkollision ausgewertet wurden. Grundlage dafür waren der Offset Deformable Barrier Test (ODB) sowie der Full Width Rigid Barrier Test (FW) des verbraucherschutzorientierten European New Car Assessment Programme (Euro NCAP). Anhand der Daten kann die Deformationsenergie bestimmt und der EES-Wert ermittelt werden. Eine Interpolationsrechnung der Ergebnisse auf abweichende Konstellationen wie geändertes Crashgewicht oder Überdeckungsbreite wurde auf deren Genauigkeit hin überprüft. Mit den so gewonnenen Datensätzen von aktuellen Fahrzeugen könnte ein Vergleichskatalog generiert werden, welcher dem Unfallrekonstrukteur als Vergleichsbasis zur Rekonstruktion von Verkehrsunfällen zur Verfügung gestellt werden soll. Die einem möglichen Katalog zugrunde liegende Methodik wurde erarbeitet und die Abläufe zur Erstellung von Datensätzen und dem Auslesen aus der Datenbank über Ablaufdiagramme aufgezeigt.


Methodology developement for the derivation of accident severity of real traffic accidents based on standard crash tests
A recognized method for determining the accident severity of a vehicle after a traffic accident is the Energy Equivalent Speed (EES). With this method, the deformation induced by the vehicle collision is evaluated and the corresponding necessary speed with which a reference vehicle would have to hit a rigid barrier in order to achieve the same deformation is determined. This speed is equivalent to the deformation of the vehicle. In the case of standard crash test, measurement data as well as imagery and video material from the vehicle tests are available. This thesis evaluates crash tests with frontal collisions. The basis is the Offset Deformable Barrier (ODB) as well as the Full Width Rigid Barrier Test (FW) that are both carried out by consumer protection-oriented European New Car Assessment Programme (Euro NCAP). Using this data, the deformation energy and the EES value can be determined. An interpolation calculation of these results for deviating constellations such as the divergent crash weight or the cover width of the vehicle is checked for accuracy.
With these data sets which are based on current vehicles, a comparison catalog can be created which is intended to provide a comparison basis to those responsible for reconstructing the traffic accident. The methodology underlying the catalog is developed and the processes for the creation of data sets and also the readout from the database are displayed via flow charts.

Zitat

Theim, A.; Unger, T.; Pschenitza, M.: Entwicklung einer Methodik zur Ableitung der Unfallschwere realer Verkehrsunfälle auf Basis von Standard-Crashtests. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 55 (2017), Teil 1 pp. 302 – 311 (#9) & Teil 2 pp. 350 – 358 (#10)

Inhaltsangabe

Die Autoren beschäftigen sich mit der Berechnung der EES auf Basis von NCAP ODB-Crashversuchen. Als Beispiel wurde u.a. ein Suzuki Ignis herangezogen. Wie die Autoren auf S. 311 dazu kommen, die Toleranz für ihre EES-Berechnung auf ± 1 km/h festzulegen, ist nicht nachvollziehbar.
Legt man im Fall des Suzuki die Werte der Autoren aus dem Beitrag für die Barriere (38,2 bis 52,55 kJ) und für die postkollisionäre Bewegungsenergie (2,41 bis 10,62 kJ) zugrunde, so ergibt sich bei einer kinetischen Eingangsenergie von 172,08 kJ und einer Fahrzeugmasse von 1085 kg eine Deformationsarbeit von 108,83 bis 131,39 kJ und hieraus eine EES von 51 bis 56 km/h. Für den Suzuki ergibt sich so eine Toleranz von zumindest ± 2,5 km/h.
Damit ist jedoch noch nichts gesagt über den Pferdefuß des Verfahrens, die visuelle Abschätzung der Deformationsenergie der verformbaren Barriere anhand eines Fotos. Die Autoren verwenden für ihr Schätzergebnis ± 5 % (Tabelle 3) der mittleren Energieaufnahmefähigkeit der Barriere, die jedoch selbst Toleranzen hat (Tabelle 2). Diese Toleranzen werden für nachfolgende Berechnungen von den Autoren vernachlässigt. Berücksichtigt man diese, so ist eine Toleranz von ± 3,5 km/h (statt ± 2,5 km/h) errechenbar und man kann sich Gedanken machen, inwieweit die Schätzung der Deformationsenergie einer Barriere mit ± 5 % tolerabel ist.
Vdengineering (Diskussion) 13:48, 13. Nov. 2018 (CET)

Errata

In Tabelle 4 (S. 309) wird eine »Kinematische Energie« aufgeführt. Der Begriff wird durchgängig (S. 303, 310) im Beitrag verwendet (u.U. liegt hier ein physikalisches Fehlverständnis vor?). Gemeint ist ganz offensichtlich die kinetische Energie.
In Tabelle 6 (S. 310) muss es einmal »W'Trans min« statt »W'Trans max« heißen.

Beiträge im VuF

Siehe auch

  • Vortrag des Co-Autors auf der 8. ESAR-Tagung 2018: Development of a methodology for computation and interpolation of EES values for several deformation patterns by using standardised crashtest data