Die biomechanische Validierung eines neuen biofidelen Dummys

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2021, p. 172 (#05)


Um bei der Rekonstruktion von Fußgänger-Fahrzeug-Unfällen möglichst realistische Ergebnisse zu erzielen, wurde ein neuer biofideler Dummy entwickelt. Das Ziel der hier vorgestellten Arbeit war die biomechanische Validierung der biofidelen Eigenschaften dieses Crashtest-Dummys, auch Anthropomorphic Test Device (ATD) genannt. Hierfür wurden neun Crashtests mit dem Biofidel-Dummy durchgeführt. Die Testergebnisse wurden mit vier früheren Crashtests mit dem Žilina-Dummy, mit Leichenversuchen und 21 Realunfällen verglichen. Die Trajektorien beider ATDs wurden berechnet und mit denen der Leichentests verglichen, wobei sich herausstellte, dass sich mit dem Biofidel-Dummy wesentlich realistischere Ergebnisse erzielen ließen als mit dem Žilina-Dummy. Die Schäden an den Fahrzeugfronten, die durch die beiden Dummys und bei Realunfällen entstanden sind, wurden miteinander verglichen, da realistische Schäden sehr wichtig für die Unfallrekonstruktion sind. Es konnte gezeigt werden, dass die Schäden, die der Biofidel-Dummy am Fahrzeug verursacht, den Schäden sehr ähnlich sind, die ein Fußgänger bei einem Realunfall von etwa derselben Schwere verursachen würde. Der Žilina-Dummy hingegen erzeugt am Fahrzeug wesentlich größere Schäden, was bei der Unfallrekonstruktion dazu führen könnte, dass vom Sachverständigen eine zu geringe Kollisionsgeschwindigkeit angenommen wird. Der Anstoßfaktor, also das Verhältnis der durch den Anstoß erreichten maximalen Fußgängergeschwindigkeit zur Kollisionsgeschwindigkeit, wurde für beide ATDs berechnet, wobei hier mit beiden Dummys ähnliche Ergebnisse erzielt werden. Bei der Berechnung des dynamischen, zeitabhängigen Anstoßfaktors konnten allerdings Unterschiede in der Kinematik und Dynamik der beiden Dummys festgestellt werden. Die Wurfweiten der beiden Dummys wurden mit Wurfweitendiagrammen, welche mithilfe der Daten aus Crashtests mit dem Žilina-Dummy sowie aus gut dokumentierten Realunfällen von DEKRA erstellt wurden, verglichen. Die mit dem Biofidel- Dummy erzielten Wurfweiten sind nach diesem Diagramm plausibel. Zuletzt wurden die Schäden am Biofidel-Dummy selbst analysiert und auf Verletzungen am menschlichen Körper übertragen. Diese „Verletzungen“ des Biofidel- Dummys wurden mit den Verletzungen von bei Realunfällen verunglückten Fußgängern verglichen, wobei sich hier auf fünf spezielle Verletzungen konzentriert wurde, welche für die Unfallrekonstruktion hinzugezogen werden können. Im Allgemeinen waren die „Verletzungen“ des biofidelen Dummys vergleichbar mit denen der Fußgänger.


The biomechanical validation of a new biofidelity dummy
In order to achieve the most realistic results possible in the reconstruction of pedestrianvehicle accidents, a new biofidelity dummy was developed. The aim of the work presented here was the biomechanical validation of the biofidel properties of this crash test dummy, also called Anthropomorphic Test Device (ATD). For this purpose, nine crash tests were carried out with the Biofidel dummy. The test results were compared with four previous crash tests with the Žilina dummy, with cadaver tests and 21 real accidents. The trajectories of both ATDs were calculated and compared with those of the cadaver tests, and it was found that much more realistic results could be obtained with the Biofidel dummy than with the Žilina dummy. The damage to the vehicle fronts caused by the two dummies and in real accidents was compared, as realistic damage is very important for accident reconstruction. It could be shown that the damage caused by the Biofidel dummy to the vehicle is very similar to the damage that would be caused by a pedestrian in a real accident of approximately the same severity. The Žilina dummy, on the other hand, produces much greater damage to the vehicle, which could lead to the expert assuming a collision speed that is too low in the accident reconstruction. The impact factor, i. e. the ratio of the maximum pedestrian speed reached by the impact to the collision speed, was calculated for both ATDs, with similar results being obtained here with both dummies. When calculating the dynamic, time-dependent impact factor, however, differences in the kinematics and dynamics of the two dummies were found. The throw distances of the two dummies were compared with throw distance diagrams, which were created with the help of data from crash tests with the Žilina dummy and from well-documented real accidents by DEKRA. The throw distances achieved with the Biofidel dummy are plausible according to this diagram. Finally, the damage to the Biofidel dummy itself was analysed and transferred to injuries on the human body. These ‘injuries’ of the Biofidel dummy were compared with the injuries of pedestrians involved in real accidents, focusing here on five specific injuries that can be used for accident reconstruction. In general, the ‘injuries’ of the biofidel dummy were comparable to those of the pedestrians.


Zitat

Schäuble, A.; Weyde, M.: Die biomechanische Validierung eines neuen biofidelen Dummys. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 59 (2021), pp. 172 – 187 (#05)

Inhaltsangabe

Anmerkungen

Beiträge zum Thema im VuF

2018 #3 Crashverhalten im Crashvergleich: der neue Biofidel-Dummy bei unterschiedlichen Szenarien von Pkw-Fußgängerunfällen

2018 #3 Interdisziplinäre Weiterentwicklung eines optimierten biofidelen Dummys als Fußgänger-Surrogat bei Full-Scale Crashtests

2018 #10 Pkw-Beschädigungen und Längswurfweiten bei Verwendung von Biofidel-Dummys und konventionellen Dummys im Vergleich

2019 #1 Hochgeschwindigkeitsfußgängerkollision und Verifizierung der Pkw-Kollisionsgeschwindigkeit bei Fußgängerunfällen anhand von Biofidel-Dummy-Verletzungen


Siehe auch

Münsteraner Fachseminare für Unfallrekonstruktion