Der simulierte Heckanstoß

Aus Colliseum
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2002, p. 129 (#5)

Im Rahmen einer multidisziplinären Studie wurde nachgewiesen, dass auch ohne Einwirkung einer biomechanischen Belastung von einem Anteil Freiwilliger nach einem Auffahrunfall (Heckanstoß) Beschwerden angegeben werden. Insgesamt nahmen 51 Freiwillige (18 Frauen und 33 Männer) an einer simulierten Heckkollision teil. Durch den technischen Versuchsaufbau war gewährleistet, dass von allen ein Kollisionsereignis wahrgenommen wurde. Keiner der Freiwilligen war jedoch einer biomechanischen Belastung ausgesetzt. Dennoch gaben fast 20 % (10 von 51) der Freiwilligen innerhalb der ersten drei Tage nach dem simulierten Heckanstoß "schleudertraumaähnliche" Beschwerden an. Hieraus ließ sich folgern, dass nach leichten Heckkollisionen mindestens 20 % der Insassen "schleudertraumaähnliche" Beschwerden angeben, obwohl keine biomechanisch verursachte Verletzung vorliegen kann.


Through this study there is shown that a certain percentage of volunteers will report "whiplash-like" complaints after a rear-end collision without any biomechanical stress acting on them. Fifty-one volunteers (18 females and 33 males) take part in simulated rear-end collision (SIMKOL). One intention of the study was to create an experimental set-up including all sensitive components of a real-life-accident. The illusion worked so well that no one recognized components of a real-life accident. The illusion worked so well that no one recognized that the collisions were simulated. Within three days after SIMKOL ten volunteers had whiplash-like complaints. We concluded that at least almost 20 % of vehicle occupants involved in low-speed rear-end collisions will indicate "whiplash-like" complaints although no real (biomechanical based) injury could have been caused.

Zitat

Meyer, St.; Thomann, St.; Becke, M.: Der simulierte Heckanstoß – Eine wahrnehmbare Kollision ohne biomechanische Belastung. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 40 (2002), pp. 129 – 134 (# 5)

Inhaltsangabe

Wahrscheinlich eine der interessantesten Studien zur Problematik der HWS-Verletzung. Man täuschte im Fahrzeug sitzenden Probanden einen Heckaufprall vor. Tatsächlich fand kein Anstoß statt, sondern man ließ das Fahrzeug (für die Probanden nicht sichtbar) von einer schrägen Rampe rollen, im Kofferraum Glas zerbrechen und ein herannahendes Fahrzeug Bremsgeräusche erzeugen.

Ergebnis der Studie war, eine "Verletzungswahrscheinlichkeit" von

  • 20% bei Δv = 0 km/h

10 von 51 Freiwilligen äußerten nach den Versuchen "Schleudertrauma-ähnliche" Beschwerden wie Nackenschmerzen, Ohrensausen, Konzentrationsstörungen, Erbrechen, Schwindel. Nach 4 Wochen äußerten noch 4 Probanden Beschwerden, wobei 2 Probanden die Beschwerden nicht (mehr) auf die Versuche zurückführte. Die Ergebnisse wurden von Psychologen, die eine sog. Diskriminanzanalyse durchführten, mit hoher Trefferquote (über 90%) vorhergesagt.

Die Studie ist auch unter dem Namen "Nullstudie" oder "Placebo-Studie" bekannt geworden.

Auslöser dieser Studie waren Ergebnisse einer anderen Forschergruppe, wonach in

  • 30% bei Δv = 4 km/h und in
  • 40% bei Δv = 8 km/h der Fälle Schleudertrauma-ähnliche Beschwerden auftreten würden.

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