Das C.A.A.D.-Programm für die Unfallanalyse

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1993, pp. 191 – 193 (#7/8)

CAAD ist ein speziell für die Rekonstruktion von Verkehrsunfällen entwickeltes Zeichenprogramm mit vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten. Das aus einer Klotoide bestehende Grundelement mit den zusätzlichen Informationen über Steigung und Querneigung eignet sich nicht nur für die Beschreibung eines Straßenverlaufes, sondern auch zur Gestaltung von Objekten (z.B. Leitlinien, Leitpflöcke oder Fahrzeuge), die zu einem Modell der Unfallstelle zusammengefügt werden. Wird die perspektivische Darstellung dieses Modells mit Spurenfotos zur Deckung gebracht, dann lassen sich die Spuren fotogrammetrisch entzerren, wobei gegenüber der herkömmlichen Amateurbildfotogrammetrie die Spuren nicht nur in einer Ebene, sondern auf der räumlich gewundenen Straßenoberfläche ermittelt werden können. Sind die Bilder aus einer bekannten Höhe über der Fahrbahn mit fixer Brennweite aufgenommen, dann genügen wenige weitere Bezugsmaße von Objekten, um aus den Bildern iterativ das Straßenmodell zu erstellen. Dieses objektorientierte fotogrammetrische Meßverfahren ermöglicht u.a. auch die einfache Vermessung umfangreicher Spuren, wodurch etwa nach Autobahnunfällen eine raschere Räumung der Unfallstelle ermöglicht wird. Ergänzt durch die Stoßrekonstruktion und die Zeit-Weg-Tabellen des PLS-Programmpaketes können die berechneten Fahrzeugpositionen auf Fahrlinien in das Straßenmodell eingezeichnet werden. Durch die perspektivische Darstellung bestimmter Situationen, etwa bei der ersten gegenseitigen Sicht der beteiligten Fahrzeuglenker, wird das Rekonstruktionsergebnis auch für den mit der Berechnungstechnik nicht vertrauten Betrachter anschaulich.


Zitat

Plankensteiner, K.: Das C.A.A.D.-Programm für die Unfallanalyse. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 31 (1993), pp. 191 – 193 (#7/8)

Inhaltsangabe

Die in diesem Aufsatz vorgestellte Urform des C.A.A.D.-Programms dient für das Zeichnen eines räumlichen Modells des Straßenverlaufes und der darauf befindlichen Objekte, wie Fahrzeuge, Verkehrszeichen, Bodenmarkierungen und vor allem Unfallspuren. Als Baustein für die Gestaltung der Objekte wird die Klotoide verwendet, eine Funktion mit linear veränderlicher Krümmung (einschließlich der Sonderfälle Kreis und Gerade), aus denen je nach den Erfordernissen beliebig feine oder grobe Computermodelle geformt werden können. Das Programm zeichnet diese Modelle nicht nur in Grund-, Auf- und Seitenriss, sondern in jeder beliebigen Fotoperspektive. Wenn durch eine vom Benutzer vorgenommene iterative Veränderung der "Kameradaten“ eine (ausreichend genaue) Übereinstimmung mit Fotos (der Unfallspuren) erzielt wird, können entsprechende (dreidimensionale) Modelle weiterer auf diesen Fotos ersichtlicher Objekte (z.B. den Reifenspuren) angefertigt oder die Lage bekannter Objekte (z.B. Fahrzeugen) ermittelt werden.

Das rein geometrische Zeichenprogramm CAAD ist die Basis für die Direkte fotogrammetrische Verkehrsunfallanalyse, bei welcher die (nach den in "Theorie und Praxis der forensischen Unfallanalyse" vorgestellten Modellen) berechneten Fahrzeugbewegungen entlang von Fahrlinien, die aus den gleichen Klotoidenelementen geformt sind, in der Perspektive von Spurenfotos gezeichnet werden und so den direkten Spurenvergleich ohne den Umweg über eine Unfallskizze ermöglichen.

Anmerkung

Bei der Unfallaufnahme durch die Polizei wurde (in Österreich) das zweidimensionale fotogrammetrische Auswerteverfahren nach der Vier-Punkt-Methode dem dreidimensionalen C.A.A.D.-Verfahren vorgezogen, weil es auch von angelernten Hilfskräften ohne spezielle theoretische Kenntnisse in Fotogrammetrie (erfolgreich?) angewendet werden kann. Der große Personalaufwand und die langen Verkehrsstörungen bei der Vermessung der Passpunkte und der Aufnahme der Messfotos, sowie die Beschränkung auf Spuren, die sich in der Fahrbahnebene befinden (sofern diese überhaupt eben ist), sind die wesentlichsten Nachteile gegenüber dem C.A.A.D.-Verfahren. Die Messdaten über die Passpunkte und die Messfotos können aber bei Bedarf mit dem C.A.A.D.-Verfahren relativ einfach (ergänzend) auch dreidimensional ausgewertet werden.

C.A.A.D. wurde in Borland Pascal unter DOS programmiert und wurde nach 1994 nur mehr für den Eigenbedarf bei der "Fotogrammetrischen Verkehrsunfallanalyse" und in weiterer Folge für "Video Analysis of Traffic Accident“ weiterentwickelt. Durch die heute (2006) im Internet zur Verfügung stehenden Luftbildaufnahmen können für diese Videoanalysen die großräumigen Modelle des Straßenverlaufes mit C.A.A.D. auch dann ohne großen Messaufwand hinreichend genau geformt werden, wenn keine Straßenbaupläne (mehr) zur Verfügung stehen.

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