Crashsimulation der neuen Fahrerhausbaureihe der MAN Nutzfahrzeuge AG
2001, p. 25 (#1)
Die Realisierung eines hohen Sicherheitsniveaus für die Insassen von Nutzfahrzeugen bedeutet zunächst die Vermeidung von Unfällen durch technische und andere Maßnahmen. Kollisionen von Nutzfahrzeugen mit massiven Hindernissen oder Kollisionen untereinander stellen aufgrund der Fahrzeugmassen mit den damit verbundenen großen Energieumsätzen eine besondere Herausforderung dar. Das reale Unfallgeschehen zeigt, dass es sich beim überwiegenden Teil der für die Lkw-Insassen folgenschweren Kollisionen um Auffahrunfälle handelt.
Grundlage für die Unfallfolgenminimierung ist, dass das Fahrerhaus einen ausreichenden Überlebensraum sicherstellt. Die dazu notwendigen Maßnahmen können vorab durch Crashsimulation ermittelt werden. Die durchgeführten Simulationen zeigen, dass neben einer ausreichenden Grundsteifigkeit des Fahrerhauses auch die Gestaltung der Fahrerhauslagerung von großer Bedeutung ist.
Vergleicht man die Simulationsergebnisse mit durchgeführten Versuchen, so kann ein hoher Grad an Übereinstimmung festgestellt werden. Aufwendige und kostenintensive Versuchsreihe sowie Fehlversuche konnten vermieden werden.
Neben der Optimierung der Fahrerhausstruktur muss auch das Rückhaltesystem bestehend aus Sitz mit integriertem Gurt, Gurtstraffer und Airbag optimiert werden. Dabei stößt Berechnung insbesondere bei der Sitzauslegung an ihre Grenzen. So können infolge der hohe Strukturbeschleunigungen (> 100 g) beispielsweise Schwingungen in Verrasterungssystemen auftreten, in deren Folge diese durch Zahnabriss versagen.
Attainment of a high level of safety for the occupants of trucks entails first and foremost the prevention of accidents by technical and other means. Because of the vehicle masses involved and the associated energy conversions collisions between trucks and massive obstacles or collisions between one truck and another constitute a particular challenge. Data on real accidents shows that most of the collisions with serious consequences for the occupants are rear-end collisions.
The basis for minimising the consequences of accidents is that the cab ensures an adequate survival space. The measures necessary for this can be ascertained in advance by crash simulation. The simulations performed show that beside an adequate basic rigidity the design of the cab mounts is of great importance.
Comparison of the results of simulation with the tests performed reveals a high degree of correlation. Elaborate and cost-intensive test series and unsuccessful tests were therefore avoided. Not only must the cab structure be optimised, but also the retention system consisting of the seat with integrated belt tightener and airbag. Here the design of the seat pushes calculation to its limits. As a result of the high structural acceleration rates (> 100 g), for example, vibrations may arise in the detent systems which consequently fail because teeth break off.
Zitat
Riebeck, L.: Crashsimulation der neuen Fahrerhausbaureihe der MAN Nutzfahrzeuge AG (Teil I). Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 39 (2001), pp. 25 – 31 (#1) Teil I
Inhaltsangabe
Optimierung des Crashverhaltens beim Hersteller. Zunächst Verbesserung der Kompatibilität mit dem Crashverhalten eines Pkw beim teilüberdeckten Frontalaufprall durch einen Energie aufnehmenden Frontunterfahrschutz. Mit Crashtest dazu: Lkw mit 20 km/h gegen Pkw mit 44 km/h, 70% Überdeckung, durchgeführt bei ACTS (www.acts.de). (Leider nur ein Foto der Endsituation Über-Kopf)
Danach ein Crashtest Lkw mit 100% Überdeckung und 30 km/h gegen Anhänger mit Pritschen-Aufbau ('Pritschen-Barriere' mit 20 t). Die Bilder sind so leidlich. Nachfolgende Tabelle 1 zeigt den Energieumsatz:
Nr. | Unfallkonstellation | Fzg 1 | m1 | Fzg 2 | m2 | Δv | ΔE |
[./.] | [./.] | [./.] | [kg] | [./.] | [kg] | [km/h] | [KJ] |
1 | Pkw - Pkw | Pkw | 1.300 | Pkw | 1.300 | 30 | 23 |
2 | Pkw - Pkw | Pkw | 1.300 | Pkw | 1.300 | 50 | 63 |
3 | Pkw - Lkw | Pkw | 1.300 | Lkw | 40.000 | 50 | 121 |
4 | Pkw - starre Wand | Pkw | 1.300 | starre Wand | 50 | 125 | |
5 | Pkw - Lkw | Pkw | 1.300 | Lkw | 16.000 | 64 | 190 |
6 | Lkw - Lkw | Lkw | 40.000 | Lkw | 40.000 | 30 | 694 |
7 | Lkw - Lkw | Lkw | 40.000 | Lkw | 40.000 | 50 | 1.929 |
8 | Lkw - Lkw | Lkw | 10.000 | Lkw | 20.000 | 30 | 231 |
9 | Fahrerhaus Lkw - Lkw | Fhs | 1.200 | Lkw | 20.000 | 30 | 39 |
Die Tabelle 1 scheint nach der einfachen Formel
[math]\displaystyle{
\Delta E = \frac {1}{2} \cdot m \cdot \Delta v^2
}[/math]
berechnet zu sein, wobei die Energie jeweils den deformierten Objekten zugeschlagen wurde: Im Falle der Pkw-Pkw-Kollisionen wurde sie hälftig verteilt, im Falle der Lkw-Pkw-Kollisionen einzig dem Pkw zugeschlagen.
Weitere Beiträge zum Thema im VuF
Von Riebeck gibt es eine Reihe von Veröffentlichungen im VuF:
- 1997 Weiterentwicklung der Umsturzsicherheit bei MAN-Reisebussen
- 2001 Crashsimulation der neuen Fahrerhausbaureihe der MAN Nutzfahrzeuge AG (Teil II)
- 2004 Sicherheitsvorschriften in Europa – Auswirkungen auf die passive Sicherheit von MAN Lkw-Fahrerhäusern
- 2004 Passive Sicherheit bei Lkw-Pkw-Kollisionen