Sachverständige Zeugen

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Expert witnesses

Sachverständige Zeugen

Grundsätzlich wird ein sachverständiger Zeuge wie ein Zeuge bezahlt. Mithin kann er lediglich eine Entschädigung nach § 22 JVEG beanspruchen, danach erhält er höchstens 25 Euro/h. In den letzten Jahren wird der Sachverständige, der im vorprozessualen Bereich ein Privatgutachten erstattet hat, zunehmend als sachverständiger Zeuge "missbraucht". Man lädt ihn als sachverständigen Zeugen, benutzt ihn aber in der mündlichen Verhandlung als Sachverständigen. Oft merken das die Sachverständigen gar nicht. Ausserdem kennen sie die Rechtsprechung nicht, wonach in solchen Fällen der Sachverständige einen Anspruch aus § 9 JVEG hat. Bei Unfallanalytikern und Kfz-Sachverständigen sind das 155 bzw. 120 Euro/h. Übereinstimmend haben die Gerichte in der Vergangenheit entschieden, dass es bei der Bezahlung nicht auf die Bezeichnung in der Ladung ankommt, sondern allein auf die Qualität der vom sachverständigen Zeugen verlangten Aussage. Auch wenn er in der mündlichen Verhandlung nur eine einzige gutachterliche Aussage trifft, kann er für die gesamte Tätigkeit, auch für die Zeit der An- und Abreise, den Stundensatz nach § 9 JVEG (155 Euro/h bei Unfallanalytik und 120 Euro/h bei Kfz-Schadengutachten) verlangen. Die nachfolgenden Urteile enthalten sehr lehrreiche Beispiele zur Frage, was eine Zeugenaussage ist und wann eine Gutachterantwort vorliegt. Eines der Urteile spricht dem sachverständigen Zeugen sogar die Entschädigung als Sachverständiger zu, obwohl dieser sich im Termin gar nicht - wegen eines Vergleichs zwischen den Parteien - geäußert hat.

§ 414 ZPO Sachverständige Zeugen

Wortlaut des § 414 ZPO:

»Insoweit zum Beweis vergangener Tatsachen oder Zustände, zu deren Wahrnehmung eine besondere Sachkunde erforderlich war, sachkundige Personen zu vernehmen sind, kommen die Vorschriften über den Zeugenbeweis zur Anwendung.«

Abgrenzung des Zeugen vom Sachverständigen

Der Sachverständige stellt dem Gericht seine Fachkunde auf der Grundlage von Wissen zur Verfügung, über das Berufsrichter als Juristen und ehrenamtliche Richter nicht verfügen. Ein Sachverständiger ist austauschbar, weil über seinen abstrakten Sachverstand regelmäßig mehrere Sachverständige verfügen, während ein Zeuge meist nicht ersetzt werden kann, weil nur er eine konkrete Wahrnehmung, nämlich seine Wahrnehmung schildern kann. Kennzeichnendes Merkmal ist daher die Ersetzbarkeit oder Austauschbarkeit. Ein Zeuge oder sachverständiger Zeuge ist unersetzbar, ein Sachverständiger hingegen schon. Ein "einfacher" Zeuge kann jedoch aufgrund fehlender Sachkunde keine (belastbaren) Rückschlüsse aufgrund seiner Wahrnehmung ziehen, sondern allenfalls seine Wahrnehmung schildern. Weiterhin muss ein Sachverständiger durch das Gericht bestellt werden.
Als Zeuge wird eine natürliche Person bezeichnet, die eigene Wahrnehmungen eines Sachverhalts bekunden kann. Bei Verkehrsunfällen sind das in der Regel Augenzeugen oder Ohrenzeugen.
Soweit ein vor Gericht erscheinender Sachverständiger über seine Wahrnehmungen vergangener Tatsachen berichtet, die er nur aufgrund seiner besonderen Fachkunde machen konnte, wird er als sachverständiger Zeuge vernommen (Zivilprozess: § 414 ZPO). Das Zusammentreffen von speziellem Sachverstand und der konkreten Wahrnehmung ist in diesem Fall in der Regel rein zufällig.
Dieselbe Beweisperson kann Zeuge und Sachverständiger sein. Als was sie jeweils bezüglich einzelner Aussageninhalte anzusehen ist, richtet sich insbesondere nach der Qualität der Aussage. Die Unterscheidung ist nicht nur für die Höhe der Entschädigung gemäß Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) bedeutsam, sondern vor allem wegen des Rechts zur Ablehnung des Sachverständigen in § 406 ZPO.

Urteile

(Quelle: IfS-Informationen 2/2006)

  • OVG Nordrhein-Westfalen, 18.07.2007 (8 A 1075/06)
  • OVG Niedersachsen, 23.12.2011 (5 OB 411/11)

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