Rutschvorgänge auf quergeneigter Fahrbahn

Aus Colliseum
Zur Navigation springen Zur Suche springen

1991, p. 101 (#4)

In einer früheren Veröffentlichung zur gleichen Thematik [1] wurde gezeigt, daß die mathematische Behandlung von Rutschvorgängen auf quergeneigter Fahrbahn auf ein Differentialgleichungssystem führt, das mit Hilfe vereinfachender Annahmen einer analytischen Lösung zugeführt werden kann. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, daß diese Annahmen im Normalfall zulässig sind, für Fahrbahnen mit starker Querneigung oder bei sehr niedrigen Haftreibungskoeffizienten jedoch unzulässig sind. In diesem Aufsatz wird der analytischen Lösung eine numerische Lösung des vollständigen Differentialgleichungssystems gegenübergestellt und der Fehlereinfluß analysiert.


Sliding motion on roads with lateral incline
An earlier paper pointed out that the mathematical treatment of the slid-process with lateral incline leads to a set of differential equations that can analytically be solved under simplifying conditions. A thourough elaboration shows that these simplifying conditions are fullfilled under normal circumstances but violated under conditions of low friction coefficient or steep lateral incline. This paper compares the analytical solution with numerical solutions under non-simplifying-conditions.

Zitat

Hugemann, W.: Rutschvorgänge auf quergeneigter Fahrbahn. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 29 (1991), pp. 101 – 102 (#4)

Inhaltsangabe

Besonders bei langen Auslaufbewegungen auf Straßen mit Quergefälle beobachtet man, dass Objekte nicht nur in Straßenlängsrichtung rutschen, sondern auch - gegen Ende zunehmend - seitlich in Richtung des Quergefälles. Schon Rennich und Schimmelpfennig hatten in "Hinweise auf die Bedeutung der Fahrbahnquerneigung in der Unfallrekonstruktion" gezeigt, dass diese Querbewegung durch eine Differentialgleichung beschrieben werden kann. Diese war (und ist) unter der Annahme, dass die Bewegung hauptsächlich in Längsrichtung erfolgt, analytisch lösbar.

Der vorliegende Artikel ergänzt diese Betrachtung um eine numerische Lösung, die nicht an diese einschränkende Bedingung geknüpft ist. Die folgenden Gleichungen geben Ansatz- und Lösungsweg wieder:

[math]\displaystyle{ (1).....\ddot x = - \mu \cdot g \cdot \cos \alpha \cdot \cos \gamma }[/math]

[math]\displaystyle{ (2)..... \ddot y = - \mu \cdot g \cdot \cos \alpha \cdot \sin \gamma + g \cdot \sin \alpha }[/math]

[math]\displaystyle{ (3).....\tan \gamma = \frac {\ddot y}{\ddot x} }[/math]

[math]\displaystyle{ (4).....\cos \gamma \approx 1 \Rightarrow \sin \gamma \approx \tan \gamma }[/math]

[math]\displaystyle{ (5a).....\xi \dot = \frac {2}{v_0 \cdot T} \cdot x }[/math]

[math]\displaystyle{ (5b).....\eta \dot = \frac {2 \cdot \mu}{\tan \alpha} \cdot \frac {2}{v_0 \cdot T} \cdot y }[/math]

[math]\displaystyle{ (5c).....\tau \dot = \frac {t}{T} }[/math]

[math]\displaystyle{ (6).....T \dot = \frac {v_0}{\mu \cdot g \cdot \cos \alpha} }[/math]

[math]\displaystyle{ (7).....\ddot \xi = - \frac {2}{\sqrt {1 + \left (\Theta \cdot \frac {\dot \eta}{\dot \xi} \right )^2}} }[/math]

Bei der nächsten Gleichung ist in der Veröffentlichung ein Vorzeichenfehler. Es muss

[math]\displaystyle{ (8).....\ddot \eta = 4 + \ddot \xi \cdot \frac {\dot \eta}{\dot \xi} }[/math]

heißen (+ statt -). Man erkennt dies sofort an den Abbildungen (bei denen es an der "y"-Achse in den oberen beiden Diagrammen übrigens [math]\displaystyle{ \dot\eta }[/math] und nicht [math]\displaystyle{ \eta }[/math] heißen muss): Die Geschwindigkeit [math]\displaystyle{ \dot\eta }[/math] nimmt zunächst zu, sodass [math]\displaystyle{ \ddot\eta }[/math] positiv sein muss. Anschließend fält [math]\displaystyle{ \dot\eta }[/math] wieder auf null, sodass [math]\displaystyle{ \ddot\eta }[/math] dort negativ sein muss. Der Term nach der 4 in Gl.(8) muss also negativ sein. Da [math]\displaystyle{ \ddot\xi }[/math] aber bereits negativ ist (und beide Geschwindigkeiten [math]\displaystyle{ \dot\eta }[/math] und [math]\displaystyle{ \dot\xi }[/math] positiv), kann dieser Term nur addiert werden.

[math]\displaystyle{ (9).....\Theta \dot = \frac {\tan \alpha}{2 \cdot \mu} }[/math]

Linearisierung mit

[math]\displaystyle{ (10).....\Theta \approx 0 }[/math]

[math]\displaystyle{ (11).....\dot \eta = -4 \cdot (1 - \tau) \cdot \ln (1- \tau) }[/math]

[math]\displaystyle{ (12).....\eta = 1 - (1 - {\tau}^2) \cdot [1 - \ln (1 - {\tau}^2)] }[/math]

[math]\displaystyle{ (13).....\eta ' = - \ln (1 - \xi) }[/math]

[math]\displaystyle{ (14)..... \eta = \xi + (1 - \xi) \cdot \ln (1 - \xi) }[/math]

für Θ = 0,5 gilt

[math]\displaystyle{ (15).....\mu \,= \tan \alpha }[/math]

[math]\displaystyle{ (16).....\mu \cdot \not g \cdot \cos \alpha = \not g \cdot \sin \alpha }[/math]

Die Bewegung in Querrichtung hängt von Θ ab, sprich dem Verhältnis von Hangabtriebskraft zu Reibkraft:

  • Für Θ < 0,5 kommt der rutschende Körper zum Stillstand
  • Für Θ = 0,5 halten sich Reib- und Hangabtriebsktaft die Waage: der Körper bewegt sich im Endzustand mit konstanter Geschwindigkeit hangabwärts
  • Für Θ > 0,5 bewegt sich der Körper beschleunigt in Richtung Gefälle

Zusammenfassend zeigt sich, dass der Querversatz hauptsächlich erst unmittelbar vor Ende des Auslaufvorgangs entsteht. Die Auslaufvorgänge auf quergeneigter Fahrbahn stellen sich immer ähnlich dar, Ausgangsgeschwindigkeit und Reibbeiwert ändern nur den Maßstab.

Die neue, numerische Lösung spielt vor allem für größere Werte von Θ eine Rolle, wie sie sich etwa bei extremem Glatteis einstellen. (Dies war die Situation in dem Unfall, der Anlass für die Veröffentlichung gab.) Die Lösung erfolgte damals mit einem speziellen, blockorientierten Simultionssystem. Mittlerweile kann man die DGL mit Excel lösen, z. B. mit einfachem Vorwärtsschritt (Euler-Verfahren).


Summary

Especially with long run-outs on roads with lateral camber, one observes that sliding objects do not only move in longitudinal direction of the road but also - to the end progressively - in lateral direction. Rennich and Schimmelpfennig had already shown in "Hinweise auf die Bedeutung der Fahrbahnquerneigung in der Unfallrekonstruktion" that this lateral motion may be described by a differential equation. This may be solved analytically, provided that the longitudinal motion is dominant.

The paper at hand complements this treatment by a numerical solution, which is not linked to this restrictive assumption.

Weitere Beiträge zum Thema im VuF

Weitere Infos zum Thema

Download of the English version of the paper (and several others of the author) at http://www.unfallrekonstruktion.de/papers.htm