Rekonstruktion von Auffahrkollisionen und Ermittlung der Insassenbeschleunigung

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Teil 1: 2012, pp. 268 – 278 (#7/8)
Teil 2: 2012, pp. 310 – 319 (#9)

Eine Auffahrkollision mit annähernd voller Überdeckung entspricht einem linearen Stoß. Da bei diesem Kollisionstyp die Einlaufrichtungen und Auslaufrichtungen gleich sind oder nur minimal voneinander abweichen, steht für die Berechnung der Geschwindigkeiten der Fahrzeuge nur eine Gleichung aus dem Impulssatz zur Verfügung. Um die Geschwindigkeiten der Fahrzeuge berechnen zu können, müssen noch zusätzliche Informationen, nämlich die Deformationsenergien (Energiesatz) und das Rückverformungsverhalten der Fahrzeuge, herangezogen werden. Findet eine Kollision im niedrigen Geschwindigkeitsbereich statt, dann kann die Stoßdauer nicht vernachlässigt werden. Das System Fahrzeug-Fahrzeug ist im physikalischen Sinn nicht abgeschlossen und so ist die Reibung zwischen den Rädern und der Straße mit zu berücksichtigen. Da die Problematik von HWS-Verletzungen vor allem im niedrigen Geschwindigkeitsbereich untersucht werden muss, sollte diesem Umstand Rechnung getragen werden.


Reconstruction of rear-end collisions and calculation of occupant acceleration
A rear-end collision with almost full overlap equates to a linear impact. Due to the fact that, in this type of collision, the pre-crash and post-crash direction of travel are similar or minimally different, there is only one equation available from the principle of linear momentum for the calculation of the speeds of the vehicles. More information is required in order to calculate the speeds of the vehicles. Therefore, the energy of deformation (law of the conservation of energy) and the recovery characteristics of the vehicles are also taken into account. If the collision takes place in the low speed range, the duration of impact must not be ignored. The vehicle-vehicle system is not a closed one in a physical sense, which means that the friction of the wheels and the road has to be considered. As the problem of cervical spine injury needs to be examined above all in the low speed range, this requires particular examination.

Zitat

Gratzer, W.: Rekonstruktion von Auffahrkollisionen und Ermittlung der Insassenbeschleunigung. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 50 (2012), Teil 1: pp. 268 – 278 (#7/8); Teil 2: pp. 310 – 319 (#9)

Inhaltsangabe

Aktualisierte Darstellung von Analyse von Serienkollisionen und Berechnungen der Insassenbeschleunigung im gestoßenen Fahrzeug, wie sie ähnlich auch im Technischen Handbuch zu AnalyzerPro zu finden ist. Ebenso wie in den anderen Quelle wird die entscheidende Beziehung – hier die komplexe Gl. (8) – einfach ohne Herleitung präsentiert.


Erläuterungen

Herleitung von Gl. (12)

[math]\displaystyle{ E_{def1}=\tfrac 1 2 (c_1 s_1^2 - c_{1r} s_{1r}^2) }[/math]

Die Wege und Federsteifigkeiten in der Kompressions- und Restititutionsphase eines jeden einzelnen der Fahrzeuge sind analog zu Gl. (11) über die Bedingung gekoppelt, dass sie dieselbe maximale Kraft am Ende der Kopressionsphase ergeben müssen:

[math]\displaystyle{ c_1 s_1 = c_{1r} s_{1r} }[/math]

Also folgt:

[math]\displaystyle{ E_{def1}=\tfrac 1 2 c_1 s_1 (s_1 - s_{1r}) = \tfrac 1 2 c_1 s_1 l_1 }[/math]

Herleitung von Gl. (13)

Auf der linken Seite der Gleichung sollte es besser [math]\displaystyle{ E_{kin1}' }[/math] heißen, denn gemeint ist die kinetische Energie nach der Kollision. Die ergibt sich im Schwerpunktsystem aus der durch die Federentspannung während der Restitutionsphase freigesetzten Energie, also:

[math]\displaystyle{ E_{kin1}'=\tfrac 1 2 c_{1r} s_{1r}^2 = \tfrac 1 2 c_1 s_1 (s_1 - l_1) }[/math]

Errata

In Gl. (5) muss es plus statt minus heißen. (So soll es nach Angaben der Entwickler auch im Programmcode stehen.) So gilt etwa für die Kompressionsphase:

[math]\displaystyle{ \int_0^{T_k} \int_0^t \left[(a_{\max} - a) \frac \tau {T_k} + a \right] \,d\tau\, dt = \frac {a_{\max} + 2 a} 6 \, T_k^2 }[/math]

Es stärkt nicht gerade das Vertrauen in Gl. (8), wenn gleich in der ersten, vergleichsweise einfachen Beziehung, ein Vorzeichenfehler steckt.

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