Messfehler mit Einseitensensoren ES 1.0 und ES 3.0 sind möglich
2011, pp. 218 – 227 (#6)
Sie begegnen uns nahezu überall: die Einseitensensoren der Firma eso aus Tettnang. Sei es die erste Version mit der Bezeichnung ES 1.0 oder die derzeit aktuelle Version ES 3.0. Nachdem die Seitenabstandsmessung des ES 3.0 in letzter Zeit für erhebliche Unsicherheit sowohl bei Anwendern, Juristen und vielleicht auch bei einigen Sachverständigen gesorgt hat, sollten spätestens mit Ablauf des Jahres 2010 diese Probleme endgültig gelöst sein. Ob aber die Messsicherheit der Geschwindigkeit gewährleistet ist, muss weiterhin hinterfragt werden.
Measurement Errors with ES 1.0 and ES 3.0 Single-Sided Sensors are Possible
We can see them almost everywhere: single-sided sensors from the company eso in Tettnang. Whether it is the first version called ES 1.0 or the current version ES 3.0. After the side distance measurement of the ES 3.0 was recently a cause for considerable uncertainty among users and legal practitioners and perhaps also among some experts, these problems are finally to be solved at the end of 2010 at the latest. But there is still a question over whether they guarantee reliable speed measurement.
Zitat
Bladt, R.; Wietschorke, St.: Messfehler mit Einseitensensoren ES 1.0 und ES 3.0 sind möglich. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 49 (2011), pp. 218 – 227 (#6)
Inhaltsangabe
Es geht um die Frage, ob Messfehler durch in der Seitenansicht diagonal verlaufende Fahrzeugkonturen (etwa der Vorderwagen im Bereich der Motorhaube) oder dynamisch Aufbaubewegungen (insbesondere Nickbewegungen), wie sie früher teilweise bei Lichtschranken auftraten, auch bei den Einseitensensoren der Firma eso auftreten können. Neben theoretischen Betrachtungen wird ein Fallbeispiel betrachtet, bei dem – so vermuten die Autoren – ein ungewöhnlich niedrig platzierter ES 1.0 den Unterwagen eines Geländewagens abgetastet hatte. Dabei wurde eine Geschwindigkeit gemessen, die deutlich oberhalb der technisch möglichen Höchstgeschwindigkeit des technisch modifizierten Fahrzeugs lag.
Aus juristischer Sicht war eine Besonderheit, dass der Beschuldigte der angebotenen Einstellung des Verfahrens nicht zustimmte, sondern auf einem Sachverständigengutachten und anschließendem Urteil bestand. Die Messsituation wurde daraufhin nachgestellt und die gemessene Geschwindigkeit selbst bei maximalem Gasgeben um 15 km/h verfehlt. Im Bereich des Messgeräts wurden zudem starke Nickbewegungen beobachtet, ausgelöst durch Bodenunebenheiten vor der Messstelle.
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung waren die Rohdaten noch nicht in die Messcontainer eingebettet (schon gar nicht beim ES 1.0, um den es konkret ging), sodass die Diagnose »Fehlmessung« letztlich auf einem Indizienbeweis beruhte.
Juristisches Nachspiel
Im Beitrag heißt es unter anderem:
Dieser im Kapitel 2 beschriebene Messfehler wurde jetzt in der Praxis nachgewiesen!
(Ausrufezeichen im Original)
Der Hersteller eso verlangte von den Autoren, diesbezüglich eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben. Der Rechtsstreit (Streitwert immerhin 30.000 €) mündete nach zwei Instanzen vor dem OLG Stuttgart in einem Vergleich, in dem sich die Autoren zu folgender Richtigstellung verpflichteten:
Wir wollten mit der Aussage im Aufsatz "Messfehler mit dem Einseitensensor ES 1.0 und ES 3.0 sind möglich" in der Zeitschrift VKU Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik, Heft Juni 2011, Seite 221 "der in Kapitel 2 beschriebene Messfehler wurde jetzt in der Praxis nachgewiesen", lediglich zum Ausdruck bringen, dass aus unserer Sicht als Sachverständige erhebliche Zweifel daran bestehen, dass die gemessene Geschwindigkeit auch die tatsächliche Geschwindigkeit war, weil wir der Meinung waren und sind, dass sich dies aus den Fahrversuchen mit dem Fahrzeug des Betroffenen und dem Lichtbildvergleich begründen lässt und wir deshalb die Ursache für die von uns zugrunde gelegte Fehlmessung in dem Zusammenspiel zwischen Messstelle, Aufbau des Sensors und der atypischen Fahrzeugfront des fraglichen Fahrzeugs gesehen haben.
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