Bemerkbarkeits-Versuche im Niedergeschwindigkeitsbereich mit modernen Fahrzeugen
2011, pp. 392 – 401 (#11)
Speziell im strafrechtlichen Verfahren wird an den Gutachter die Frage gestellt, ob ein Anstoß für den Fahrer des anstoßenden Fahrzeuges bemerkbar war. In der Konsequenz, wenn der Gutachter dem Verursacher ein Bemerken attestiert, wird der Fahrer wegen unerlaubtem Entfernen vom Unfallort verurteilt, was empfindliche Folgen hat. Ein Sachverständigengutachten ist also eine sehr wichtige Grundlage für derartige Entscheidungen. Woraus leitet aber der Gutachter seine Erkenntnisse ab? Diese lassen sich nur durch Versuche gewinnen. Innerhalb von IbB-Forensic hat sich die Arbeitsgruppe "Grundlagen für die Bemerkbarkeit von Kleinkollisionen" diesem Thema gewidmet und führt kontinuierlich Versuche durch, von denen nachfolgend drei dargestellt werden.
Noticeability tests in the low-speed range with modern vehicles
In criminal law proceedings in particular, experts are often asked whether an impact would have been noticed by the driver of the vehicle causing the impact. As a result, if the expert confirms that the driver would have noticed the impact, the driver would be accused of leaving the scene of an accident, which would have very serious consequences. An expert report therefore forms a very important basis
for such decisions. But how do experts draw their conclusions in such cases? This knowledge can only be gained by tests. At IbB-Forensic, the working group “Fundamentals for the Noticeability of Minor Collisions” has focused on this issue and continuously carries out tests, three of which are presented in the following.
Zitat
Burg, J.: Bemerkbarkeits-Versuche im Niedergeschwindigkeitsbereich mit modernen Fahrzeugen. Verkehrsunfall und Fahrzeugtechnik 49 (2011), pp. 392 – 401 (#11)
Inhaltsangabe
Dieser Artikel beinhaltet 3 Versuche:
Versuch 1:
Ein Volvo XC 90 parkt rückwärts nach rechts aus. Links neben dem Volvo befindet sich eine Ford Fiesta. Während des Ausparkvorganges kommt es zu einem Anstreifen zwischen der linksseitigen vorderen Stoßfängerverkleidung des Volvo mit dem Seitenteil und der Fahrertür des Ford.
Fazit: nicht wahrnehmbar.
(Die Eindellung am Seitenteil, unmittelbar hinter der Fahrertür, am Ford Fiesta ist ein Altschaden.)
Versuch 2:
Bei diesem Versuch wurde der Volvo vorwärts, nach links lenkend, eingeparkt. Die Kontaktnahme zwischen den Fahrzeugen erfolgte zwischen den vorderen rechtsseitigen Stoßfängerverkleidung vom Volvo und der Fahrertür bis zum Seitenteil vom Ford.
Fazit: nicht sicher wahrnehmbar.
Versuch 3:
Ein Mitsubishi Space Gear wurde rückwärts, unter einem Winkel von ca. 30°, mit der hinteren linken Ecke gegen das Seitenteil des bereits in den vorherigen Versuchen benutzten Ford Fiesta gefahren. Die Kollisionsgeschwindigkeit betrug 1,5 km/h und der Anstoß erfolgte gebremst.
Fazit: taktil und akustisch wahrnehmbar.
Errata
Die Skalierung der Ordinate in Bild 32 (Seite 400) dürfte [m/s²] und nicht wie abgedruckt [g] sein.
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