AZ: 14 W 735/04

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Sachverständiger Zeuge oder Sachverständiger

OLG Koblenz, 12.11.2004 (AZ: 14 W 735/04)

Leitsatz der Entscheidung:

1. Die Entschädigung einer Person für Sachverständigentätigkeit richtet sich nach dem erteilten gerichtlichen Auftrag und dem Inhalt der Bekundung. Nicht entscheidend ist es, wie die Person vom Gericht oder den Parteien bezeichnet wird.

2. Überprüft ein als "sachverständiger Zeuge" bezeichneter Bausachverständiger auftragsgemäß die Notwendigkeit und Schlüssigkeit von Techniker- und Ingenieurstunden bei Bauvorhaben, stellt dies typische Sachverständigentätigkeit dar und die Entschädigung richte sich nach den Vorschriften für Sachverständige und nicht nach den Vorschriften für Zeugen.

Die Entscheidungsgründe werden wörtlich wie folgt wiedergegeben:

"I. Das Landgericht hat mit dem angefochteten Beschluss die dem Sachverständigen zu gewährende Entschädigung auf 50 € festgesetzt un ihn dabei als sachverständigen Zeugen mit dem für Zeugen zulässigen Stundensatz von 13 € entschädigt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Sachverständigen, der entsprechend seiner Rechnung vom 18.06.2004 den ihm auch anlässlich der Begutachten zuerkannten Stundensatz von 61,50 Euro beansprucht.

II. Die Beschwerde des Sachverständigen ist gemäß § 16 Abs. 2 ZSEG zulässig. Diese Vorschrift ist wegen der Auftragserteilung vor dem 01.07.2004 noch anzuwenden (§ 25 JVEG).

Das Rechtsmittel ist auch begründet. Ob eine fachkundige Auskunftsperson als Zeuge oder als Sachverständiger zu entschädigen ist, richtet sich zunächst nach dem erteilten gerichtlichen Auftrag, sodann nach dem Inhalt der Bekundung (Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl. § 414, RN 1-3). Nicht maßgeblich ist, wie die Person vom Gericht oder den Parteien bezeichnet oder herangezogen wird. Der sachverständige Zeuge bekundet (vergangene) Tatsachen, für deren Wahrnehmung eine besondere Sachkunde erforderlich war.

Aufgabe des Sachverständigen ist, aus wahrgenommenen Tatsachen aufgrund seiner Fachkenntnis Schlussfolgerungen zu ziehen und dem Gericht das entsprechende Fachwissen zu vermitteln (Zöller a.a.O; OLG München JurBüro 1988, 1242 mit zahlreichen Nachweisen). Vorliegend übersandte das Gericht dem Sachverständigien die gesamten Akten (!) mit dem Auftrag, die im Vorfeld der Begutachtung entstandenen Kosten auf ihre Notwendigkeit zu prüfen. Dabei ging es u.a. um den Ansatz von Techniker- und Ingenieurstunden, Facharbeiter und Bauhelferstunden. Dementsprechend hat der Sachverständige auch nicht nur über die Wahrnehmung der Arbeiten vor Ort berichtet, sondern, auftragsgemäß, die Maßnahmen auf ihre Notwendigkeit und die Stundenaufschlüsselung auf Schlüssigkeit überprüft. Das aber ist typische Sachverständigentätigkeit, die entsprechend zu vergüten ist, da eine Trennung in Wahrnehmung und Wertung nicht möglich ist (OLG München a.a.O.)

Fundstelle: Juris ZuSEG § 2, ZuSEG § 3, ZuSEG § 5, ZuSEG § 16 Abs. 2, ZPO § 373, ZPO §§ 373 ff., ZPO § 413, ZPO 414.

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